Mitreissende Darbietungen: Drei Nachwuchsdirigenten gewinnen Neeme Järvi Prize 2023
21.08.2023 Kultur, Saanen, Konzert, Musik, KulturMitreissende Darbietungen: Drei Nachwuchsdirigenten gewinnen Neeme Järvi Prize 2023
Kultur Vier Dirigentinnen und sechs Dirigenten haben während drei Wochen ihre Fähigkeiten, Techniken und Kenntnisse erweitert, dies im Rahmen der Gstaad Conducting Academy. ...
Mitreissende Darbietungen: Drei Nachwuchsdirigenten gewinnen Neeme Järvi Prize 2023
Kultur Vier Dirigentinnen und sechs Dirigenten haben während drei Wochen ihre Fähigkeiten, Techniken und Kenntnisse erweitert, dies im Rahmen der Gstaad Conducting Academy. Höhepunkte sind jeweils das Konzert mit dem Gstaad Festival Orchestra und der Neeme Järvi Prize, der dieses Jahr an drei Nachwuchstalente verliehen wurde.
Jocelyne Page
Ein Konzert, eine wunderbare Sinfonie und zehn Nachwuchsdirigenten, die für Begeisterung sorgten: Das war das dritte Konzert der Gstaad Conducting Academy mit dem Gstaad Festival Orchestra am Donnerstagabend. Mit viel Leidenschaft und Ehrgeiz präsentierten die Academy-Teilnehmenden ihr Können, denn der Einsatz lohnte sich: Es winkte der Neeme Järvi Prize und damit die Möglichkeit, bei renommierten Orchestern ein Gastdirigat zu übernehmen.
Abwechslung pur
Gemeinsam führten sie Auszüge aus der Sinfonie Nr. 2 c-Moll «Auferstehungssinfonie» von Gustav Mahler auf. Jede Dirigentin und jeder Dirigent erhielt ein Teilstück, um das Orchester zu führen. Als Zuschauerin war es faszinierend, die weichen und fast unbemerkten Wechsel zwischen den Nachwuchsdirigenten zu beobachten. Während die eine Kandidatin oben auf der Bühne noch mitten im Stück war, schlich sich der nächste Teilnehmende unbemerkt die Treppe hinauf – und Wechsel: Sie machte Platz, er übernahm. Jedes Nachwuchstalent hatte natürlich seinen eigenen Stil: Der eine Dirigent integrierte grosse Gesten, die andere bewegte sich schon fast tanzend mit, ein weiterer mochte es dezenter und die eine lebte mit ihrer Mimik so richtig ihre Emotionen aus. Kurz: Eine geballte Sammlung an jugendlicher Energie und Kompetenz, denn die Älteste ist 31 Jahre jung, der Jüngste gerade mal 19 Jahre.
Den Erfahrungsschatz erweitert
Wenn man die Biografien der zehn Academy-Teilnehmenden liest, bemerkt man: Niemand ist ein unbeschriebenes Blatt. Die vielen Erfahrungen und die absolvierten Studien häufen sich, viele haben einen renommierten Mentor oder eine Mentorin. Nach den drei Wochen in Gstaad haben sie allesamt ihr Portfolio erweitert, denn sie konnten unter anderem mit dem Gstaad Festival Orchestra und dem Sinfonie Orchester Biel Solothurn zusammenarbeiten und profitierten vom Wissen erfahrener Profis. Unter der Anleitung von Jaap van Zweden, Music Director des New York Philharmonic, Mirga Gražinytė-Tyla, Principal Guest Conductor des City of Birmingham Symphony Orchestras, und Johannes Schlaefli, Professor für Dirigieren an der Zürcher Hochschule der Künste, leiteten die Nachwuchstalente zahlreiche Proben und Konzerte.
Drei Preisträger, zehn Gewinner
Nach dem Konzert zog sich die Jury für eine halbe Stunde zurück, um über die Präsentationen der Dirigenten zu sprechen. Jeder Teilnehmende erhielt ein Zertifikat von der Gstaad Conducting Academy, drei winkte der Neeme Järvi Prize 2023. «Es ist eine besondere Situation, denn dieses Werk, welches ihr präsentiert habt, ist ein unglaublich komplexes», sagte Christoph Müller, Artistic Director Gstaad Menuhin Festival & Academy, bei der Preisverleihung. Bei der Bewertung habe die Jury auf die Technik, Persönlichkeit und Charisma geachtet – und auch auf das Temperament, «mit dem kontrolliert umgegangen werden muss, denn das ist die Kunst».
Drei Talente hatten diese Kunst wohl im Griff: Yukuang Jin, Anna Sułkowska-Migoń und Aurel Dawidiuk. Der chinesische Dirigent Yukuang Jin wird in einer kommenden Saison als Gastdirigent bei der Philharmonie Südwestfalen dirigieren. Anna Sułkowska-Migoń wird zum Berner Symphonieorchester, Musikkollegium Winterthur und zum Sinfonie Orchester Biel Solothurn eingeladen. Und der deutsche Dirigent Aurel Dawidiuk gewinnt ein Gastdirigat beim Kammerorchester Basel, Orchestre de chambre de Lausanne und beim Sinfonie Orchester Biel Solothurn.
Christoph Müller betonte, dass am Ende alle zehn Teilnehmenden zu den besten Nachwuchstalenten gehören würden, denn die Academy habe über 250 Bewerbungen erhalten. «Ihr könnt stolz auf euch sein, dabei sein zu können.»
Aurel Dawidiuk (2000) Deutschland
Aurel Dawidiuk studiert seit 2020 Orchesterleitung bei Johannes Schlaefli und Christoph-Mathias Mueller. Zusätzlich studiert er Klavier bei Till Fellner an der Zürcher Hochschule der Künste sowie Orgel bei Martin Sander an der Musik-Akademie Basel. Er ist Gewinner zahlreicher internationaler Wettbewerbe für Klavier und Orgel, u.a. beim TONALi-Klavierwettbewerb (2019) und beim Deutschen Musikwettbewerb (2022). Seit 2021 ist er Stipendiat des Forums Dirigieren des Deutschen Musikrates für den dirigentischen Spitzennachwuchs. Im Juli 2023 debütierte er als Dirigent mit dem TONALi-Orchester in der Elbphilharmonie Hamburg mit der Sinfonie h-Moll «Unvollendete» von Franz Schubert. Im Rahmen seiner Ausbildung dirigierte er bereits namhafte Orchester wie das Berner Symphonieorchester, das Kammerorchester Basel, das Musikkollegium Winterthur, das Göttinger Symphonieorchester, das Städtische Orchester Thessaloniki und das Philharmonische Orchester Sofia. In der vergangenen Saison assistierte er Marie Jacquot bei ihren Auftritten mit dem BRSO im Herkulessaal München und dem DSO Berlin in der Berliner Philharmonie. Zudem besuchte er unter anderem Meisterkurse bei Paavo Järvi, Cornelius Meister, Joana Mallwitz und Ole Kristian Ruud.
PD
Yukuang Jin (2000), China
Yukuang Jin erhielt im Juni 2021, im Alter von 20 Jahren, als jüngster Teilnehmer zwei internationale Dirigentenpreise: Den Armenian Khachaturian International Conducting Competition und den Only Stage International Conducting Competition. Weiterhin gewann er den «Young Musician Award» des Beijing Music Festival 2021 und wurde im August 2022 von der Kunstabteilung des Kulturministeriums und der Werbeabteilung Chinas als einer der «Zehn herausragenden jungen Dirigenten» nominiert. Zudem ist Jin der Initiator von Novus-classica Camerata und der Initiator des «Project Spring Bird». 2021/2022 wurde Yukuang Jin zum Shanghai Summer Music Festival (MISA) und zum Beijing International Music Festival (BMF) eingeladen und gewann den «Young Musician Award», der vom Komitee des 24. BMF verliehen wurde. Ende 2021 gewann Jin den Titel «Neuer Künstler des Jahres» bei den Ganlan National Art Awards. Seit September 2021 ist Yukuang Jin der einzige Student des international renommierten Dirigenten Long Yu (Musikdirektor des Shanghai Symphony Orchesters). PD
Anna Sułkowska-Migoń (1995), Polen
Wie Le Devoir feststellte, ist Anna Sułkowska-Migoń eine Dirigentin, deren Namen man sich unbedingt merken muss. Sie zeichnet sich durch ihre Sensibilität, Aufrichtigkeit und ihr brillantes Talent aus (Le Monde). Sie gewann den renommierten Wettbewerb La Maestra in Paris (2022), den Taki Alsop Fellowship Award Recipient von 2022-2024, den Paszport Polityki Award (2022) und den Preis Coryphaeus of Polish Music in der Kategorie «Entdeckung des Jahres» (2022). In der künstlerischen Saison 2022/2023 dirigiert die junge Künstlerin Konzerte unter anderem mit dem Paris Mozart Orchestra, dem Bournemouth Symphony Orchestra, der Southbank Sinfonia, dem Oregon Bach Festival, der Dresdner Philharmonie, dem Orchestre de Chambre de Paris, der Nationalphilharmonie Warschau und dem Nationalen Musikforum in Breslau. Nachdem sie die Dirigierausbildung unter der Leitung ihres Vaters P. Sułkowski begonnen hatte, entwickelte sie ihre Fähigkeiten während des Studiums in der Klasse von L. Borowicz und als Assistenz bei Dirigierprojekten bei S. Deneve, J. Maksymiuk und K. Mäkelä.
PD