Zwei Saanerinnen auf dem Sprung ins Ausland
30.06.2025 BildungUnter den ersten vier, welche dieses Programm in Anspruch nehmen dürfen, sind auch zwei Saanerinnen. Für Michelle Wampfler und Lea Berchten heisst das, je ein halbes Jahr in Dublin (Irland) und Toulouse (Frankreich) zu leben, zu lernen und zu arbeiten. Am Ende winken viele Erfahrungen ...
Unter den ersten vier, welche dieses Programm in Anspruch nehmen dürfen, sind auch zwei Saanerinnen. Für Michelle Wampfler und Lea Berchten heisst das, je ein halbes Jahr in Dublin (Irland) und Toulouse (Frankreich) zu leben, zu lernen und zu arbeiten. Am Ende winken viele Erfahrungen und Sprachdiplome. Was sich die beiden jungen Frauen vom Auslandsaufenthalt versprechen, wie sie sich vorbereiten und was sie während diesem Jahr am meisten vermissen werden, erzählen Sie im Interview.
Auslandaufenthalt als Bestandteil der Lehre
Das neue Angebot «Lehre+» der Wirtschaftsschule Thun in Kooperation mit der Kaufmännischen Berufsschule Freiburg ermöglicht es Lernenden, ein einjähriges Berufspraktikum in Irland und Frankreich zu absolvieren. Im August reisen die ersten vier Frauen für ein Jahr ab. Mit dabei sind auch zwei Saanerinnen.
In einer globalisierten und vernetzten Welt sei die Fähigkeit, sich sicher in unterschiedlichen kulturellen Kontexten zu bewegen, von grossem Wert, schreibt die Wirtschaftsschule Thun (WST) in einer Mitteilung. Die Begegnung mit verschiedenen Kulturen, Sprachen und Arbeitsweisen fördere nicht nur die persönliche Weiterentwicklung, sondern auch die beruflichen Kompetenzen. «Mit diesem Verständnis wurde das neue Mobility Office an der Wirtschaftsschule Thun 2024 ins Leben gerufen», heisst es in der Mitteilung. Ziel sei es, nationale und internationale Mobilitätsprogramme aufzubauen und weiter zu entwickeln. Finanzielle Unterstützung dafür gebe es von Movetia, der nationalen Agentur für Austausch und Mobilität.
Frankreich und Irland
Lernende aus den Bereichen KV, Detailhandel, BM1 und Entwickler:innen digitales Business haben die Möglichkeit, je ein halbes Jahr in Irland (meist Dublin) und ein halbes Jahr in Frankreich (meist Toulouse) ein Berufspraktikum zu absolvieren. In den dreijährigen Lehren ist das Auslandspraktikum nach dem vierten, in der vierjährigen EDB-Ausbildung nach dem sechsten Semester vorgesehen. Während des Auslandsaufenthaltes wohnen die Lernenden in Gastfamilien oder Wohngemeinschaften und müssen sich selbst organisieren, was die Selbstständigkeit stärke und die Eigenverantwortung fördere.
Vier Lernende wagen sich als Pionierinnen
Das Programm startet jeweils im August, die Plätze für das Schuljahr 2025/26 sind bereits an vier junge KV-Lernende der WST vergeben. Mit dabei sind auch Lea Berchten und Michelle Wampfler aus dem Saanenland. In den ersten zwei Wochen besuchen die Lernenden einen Intensivsprachkurs im Zielland, anschliessend folgt in einem dortigen Unternehmen ein fünfmonatiges Berufspraktikum. Danach gibt es zwei Wochen Ferien in der Schweiz, bevor es im Februar ins zweite Zielland geht. Mitte Juli ist das Programm zu Ende, die Lernenden kehren zurück in die Schweiz und steigen ins dritte bzw. ins vierte Lehrjahr ein.
PD/KMA
Neues kennenlernen, Erfahrungen sammeln und ein Sprachdiplom erhalten
Michelle Wampfler und Lea Berchten bekommen im Rahmen von Lehre+ der Wirtschaftsschule Thun die Möglichkeit, während ihrer Ausbildung ein Auslandsjahr zu machen. Die Reise führt die jungen Frauen nach Frankreich und Irland. Im Interview erzählen sie, wie sie sich auf dieses Abenteuer vorbereiten, was sie am meisten vermissen werden und was sie sich davon versprechen.
JOCELYNE PAGE/KEREM S, MAURER
Michelle Wampfler (MW) und Lea Berchten (LB), was hat Sie motiviert, am Programm Lehre+ teilzunehmen?
MW: Ich habe den Wunsch, zu reisen und andere Länder zu entdecken. Sowie neue Kulturen, Menschen, Gewohnheiten und Lebensweisen kennenzulernen. Lehre+ bietet mir hierfür eine grossartige Chance und organisiert für uns ein unvergessliches Jahr. Diese Möglichkeit möchte ich gerne für mich nutzen. Am meisten freue ich mich auf die Menschen in den fremden Ländern. Dazu gehören die Kontakte am Arbeitsplatz, meine Gastfamilien und der Kontakt mit den anderen Austauschschülern.
LB: Ich stelle mich gerne neuen Herausforderungen – und genau das bietet mir die Lehre+. Ich liebe es, Neues zu entdecken – seien es Sprachen, Kulturen oder Länder. Die Entscheidung, an diesem Programm teilzunehmen, habe ich getroffen, um meine Sprachkenntnisse in Englisch und Französisch zu vertiefen, die Kultur der beiden Länder besser kennenzulernen und gleichzeitig mehr über mich selbst zu erfahren. Während meines Au-pair-Jahres in Freiburg konnte ich bereits meine Französischkenntnisse deutlich verbessern. Nun freue ich mich darauf, meinen Wortschatz in beiden Sprachen weiter auszubauen und mehr Selbstvertrauen in der Kommunikation zu gewinnen. Ich bin überzeugt, dass man in diesem Jahr nicht nur sprachlich, sondern auch persönlich sehr viel dazulernt. Man wächst an den Herausforderungen, wird selbstständiger und lernt, sich in neue Umgebungen zu integrieren.
Welche Erwartungen haben Sie an das Auslandsjahr?
MW: Ich möchte mich in Englisch und Französisch besser ausdrücken können und mit Menschen aus anderen Ländern kommunizieren. Dies hilft mir hoffentlich in meinem späteren Alltag, bei den Abschlussprüfungen und Sprachdiplomen. Ich erwarte, dass ich mich auch als Person weiterentwickele, selbstständiger und offener werde. Ich erwarte neben hoffentlich vielen positiven Erlebnissen auch Herausforderungen, an denen ich wachsen kann.
LB: Ich versuche, meine Erwartungen offen zu halten, denn oft kommt vieles anders als geplant. Aber natürlich hoffe ich, dass ich mich nach dem Jahr in beiden Sprachen sicher und flüssig ausdrücken kann. Ich wünsche mir auch, im Praktikum viel praktische Erfahrung zu sammeln, meinen Horizont zu erweitern und mich beruflich wie persönlich weiterzuentwickeln. Ein grosses Ziel ist für mich, am Ende des Jahres ein anerkanntes Sprachdiplom in den Händen zu halten und viele unvergessliche Erinnerungen und Begegnungen mit nach Hause zu nehmen.
Wo genau werden Sie Ihre Praktika absolvieren – in welchen Städten, bei welchen Firmen?
MW: Das erste Semester werde ich in Dublin, Irland, verbringen. Dort werde ich in der Sprachschule Future Learning arbeiten, hauptsächlich in den Bereichen Administration, Kommunikation, Organisation und Zeitmanagement. Das zweite Semester werde ich in Toulouse, Frankreich, absolvieren. Derzeit weiss ich noch nicht, in welchem Unternehmen ich dort arbeiten werde. Dies wird vermutlich erst im November oder Dezember 2025 feststehen.
LB: Ab August werde ich bis Ende Januar mein Praktikum im Maldron Hotel Smithfield in Dublin absolvieren. Für den zweiten Teil des Jahres geht es dann ab Februar nach Toulouse in Frankreich. Der genaue Praktikumsplatz dort steht aktuell noch nicht fest, diesen werde ich circa Ende Jahr erfahren.
Wie haben Sie sich auf das Jahr im Ausland vorbereitet – sprachlich, organisatorisch, mental?
MW: Für die sprachliche Vorbereitung habe ich einen zweiwöchigen Sprachaufenthalt in Eastbourne im Frühling 2025 absolviert, der durch die WST Thun im Rahmen der Ausbildung organisiert wurde. Zudem verwende ich Duolingo. Organisatorisch helfen mir Reiseführer und das Internet. Ich bin am Planen des Budgets, organisiere die nötigen Versicherungen und prüfe Zahlungsmöglichkeiten im Ausland. Die Reise selbst und der Aufenthalt vor Ort – Arbeitsstelle, Gastfamilie – wird glücklicherweise von Lehre+, sprich von Movetia für uns organisiert. Die mentale Vorbereitung hat für mich bereits im Sommer/Herbst 2024 begonnen. Damals habe ich lange überlegt, ob ich mir das Auslandsjahr selbst zutraue. Im Laufe der Zeit hat sich die Unsicherheit verflüchtigt, die Vorfreude ist weiter gestiegen und ich bin dankbar, dieses Auslandsjahr machen zu dürfen. Nun bereite ich mich mental darauf vor, längere Zeit von meiner Familie und meinen Freunden getrennt zu sein, in einem anderen Land zu leben und offen und flexibel zu sein.
LB: Am meisten vorzubereiten gab es in organisatorischen Dingen, wie Versicherungsabklärungen, diverse Formulare einreichen und Abmeldungen. Sprachlich habe ich die Schulfächer Französisch und Englisch besucht. Ich denke, mental muss man sich schon darauf einstellen. Ein Jahr lang von Familie und Freunden getrennt zu sein, ist nicht ganz einfach. Ich bin mir bewusst, dass ich während dieser Zeit auf manche gewohnten Dinge verzichten muss. Gleichzeitig freue ich mich aber sehr darauf, viele neue Erfahrungen zu sammeln und an den Herausforderungen zu wachsen.
Was sagen Ihre Familien und Freunde zu diesem Schritt?
MW: Sowohl meine Familie als auch meine Freunde unterstützen mich sehr in meiner Entscheidung und freuen sich für mich.
LB: Ich habe nur positives Feedback erhalten, alle freuen sich für mich und unterstützen mich bei dieser Erfahrung. Natürlich kommen auch mal Fragen wie: «Willst du wirklich ein ganzes Jahr weggehen?» – Aber letztlich überwiegt bei allen die Freude und Neugier, was ich in dem Jahr erleben darf. Ich bin sehr dankbar, ein so unterstützendes Umfeld zu haben.
Was wird Ihnen am meisten fehlen, wenn Sie ein Jahr weg sind?
MW: Am meisten vermissen werde ich meine Familie, meine Freunde und die Zeit, die wir gemeinsam verbringen. Ebenfalls vermute ich, dass ich diverse Hobbys, wie zum Beispiel das Snowboarden, vermissen werde. Ich werde auch mein berufliches Umfeld vermissen, da ich mich in meinem Lehrbetrieb sehr wohlfühle.
LB: Am meisten werde ich meine Familie und meine Katze vermissen. Auch meine engsten Freundinnen, mit denen ich regelmässig Zeit verbringe, werden mir sehr fehlen. Es wird sicher ungewohnt sein, sie nicht mehr so oft zu sehen oder spontan treffen zu können. Zusätzlich wird mir meine jetzige Berufsschulklasse fehlen, in welcher wir einen super Zusammenhalt haben. Ausserdem werde ich wohl auch die Berge und das Skifahren vermissen, das gehört einfach zu meinem Zuhause.
Welche persönlichen Ziele haben Sie sich für das Jahr gesetzt?
MW: Ich möchte selbstständiger werden und über mich hinauswachsen können. Ein weiteres Ziel ist es, Erfahrungen zu sammeln, neue Freundschaften zu knüpfen sowie Kulturen und andere Lebensweisen kennenzulernen. Ausserdem möchte ich meine Sprachkenntnisse verbessern und ein Sprachdiplom erwerben.
LB: Ich möchte am Ende des Jahres ein Sprachdiplom in der Hand halten. Ich wünsche mir auch, mich persönlich weiterentwickeln zu können und die Länder und deren Kulturen nach meinen Vorlieben kennenlernen zu dürfen. Ich freue mich auf viele unvergessliche Erlebnisse.
Gibt es etwas, das Sie unbedingt im Ausland erleben oder ausprobieren wollen – abseits vom Beruf?
MW: Mein Ziel ist es in Irland, genau wie in Frankreich, so viel wie möglich von dem Land zu sehen und kennenzulernen. In Irland möchte ich unbedingt die Steilklippen Cliffs of Moher besichtigen. Auch die gälische Sprache finde ich faszinierend, ich fände es grossartig, ein paar Wörter zu lernen. Ich würde auch sehr gerne ein irisches Hurling-Spiel miterleben. In Frankreich würde ich gerne die Pyrenäen besichtigen. Ausserdem ist das Meer in gut erreichbarer Nähe.
LB: Ich möchte auf jeden Fall die Natur von Irland entdecken und in Frankreich Ausflüge in die nahen Pyrenäen und ans Meer machen.
Wie stellen Sie sich Ihren ersten Arbeitstag im neuen Land vor – eher nervös oder voller Tatendrang?
MW: Ich kann mir gut vorstellen, dass ich an meinem ersten Arbeitstag aufgeregt sein werde, freue mich aber sehr darauf.
LB: Es wird sicher eine Herausforderung. Alles ist unbekannt, man ist im Ausland, eine andere Sprache usw. Die ersten Tage oder Wochen werden sicher sprachlich gesehen auch nicht immer einfach, aber es wird sich sicher einpendeln und man wird von Tag zu Tag sicherer in der Sprache.