Zwei Neue im Vorstand
02.05.2023 KulturDie Gstaad Menuhin Festival & Academy AG verkündete an ihrer Generalversammlung erfreuliche Zahlen, Wechsel im Verwaltungsrat und Empfehlungen für das kommende Festival.
JENNY STERCHI
Die Menge der Anwesenden an der Generalversammlung am letzten Freitag im Wellness- und Spa-Hotel Ermitage in Schönried war überschaubar. Dennoch gab es viel zu sehen und zu hören.
Neue Gesichter
Silvia Henchoz, deren erster Revisionsbericht für die Gesellschaft aus dem Jahr 1990 stammt, hat nach über 30 Jahren das Revisorenamt in die Hände von T&R Oberland Gstaad übergeben.
Ausdauer im Amt bewiesen auch die beiden Verwaltungsräte Hanspeter Borle und Fredy Collioud, die nun demissionierten. Borle setzte sich seit 1988 in verschiedenen Funktionen für die Belange des Festivals ein, das damals noch unter dem Namen Musiksommer Gstaad lief. Fredy Collioud arbeitet seit 18 Jahren im Verwaltungsrat mit.
Die in Chile geborene Nicola Schiess und der Hotelier Christian Hoefliger traten mit Applaus an die Stelle der beiden scheidenden Verwaltungsräte. Die übrigen Mitglieder des Gremiums wurden einstimmig im Amt bestätigt.
Turbulenzen mit Flexibilität begegnet
Die Generalversammlung kam erstmals seit vier Jahren wieder physisch zusammen. Die vergangenen Festivals erforderten viel Flexibilität sowohl von den Künstlern als auch vom Veranstalter und nicht zuletzt vom Publikum.
Eine Reihe von Künstlerinnen und Künstlern machte die Verschiebung ihres Auftritts um zwei Jahre möglich. Der Veranstalter realisierte mit Pop- Up-Konzerten und digitalem Angebot während der Pandemie Festivals im Rahmen der behördlich genehmigten Möglichkeiten.
Und dann, im letzten Sommer standen wieder 63 Konzerte auf dem Programm, die rund 25’000 Besuchende begeisterten.
Die Rechnung des letzten Geschäftsjahres schliesst mit einem Gewinn von 1818 Franken ab. Das aktive Fundraising mit verschiedenen Sponsoren, den Festivalfreunden und der öffentlichen Hand erlaubt es, das Festival auch weiterhin innovativ und attraktiv für kleine und grosse Interessenten zu gestalten. Immerhin belief sich der Betrag aus Ticketeinnahmen und Sponsoring im vergangenen Geschäftsjahr auf 5.7 Millionen Franken.
Es sei erfreulich, so Verwaltungsratspräsident Aldo Kropf, wie gross die Unterstützung sei, die von verschiedenen Institutionen zum Bau eines Konzerthauses signalisiert werde.
Bewusstsein und Kraft
Seine ganz persönlichen Höhepunkte in den kommenden Festivalwochen verkündete Lukas Wittermann, Geschäftsführer der Gstaad Menuhin Festival & Academy AG am Ende der Versammlung und erreichte sein Ziel: Einige Anwesende notierten sich die Konzerttermine von Patricia Kopatchinskaja und vom Gstaad Festival Orchestra mit der zweiten Sinfonie von Gustav Mahler.
Während sich Kopatchinskaja mit «Music for the planet» – einer Kombination aus Musik und Installation – dem Thema Nachhaltigkeit emotionsgeladen zuwendet, wird sich das Gstaad Festival Orchestra mit Jaap van Zweden neben einem mächtigen Chor und zwei Solistinnen durch Mahlers «Zweite» manövrieren, die das Spannungsfeld der menschlichen Existenz thematisiert und hörbar macht. «Aber auch die Kammermusikkonzerte in den Kirchen der Region sind jeweils Schmuckstücke des Festivals», fügte Wittermann an. Besonders die Kirche in Saanen sei ein Juwel unter den Veranstaltungsorten.
Weg von Mahlers Schwere, hin zum komischen Moment kommt mit Igudesman & Joo das witzigste aller Klassik Duos zurück ans Festival. «Mit den Amateurkonzerten werden Freizeitmusiker zu hören sein, die gemeinsam zu Grossem in der Lage sind.»
WER IST CHRISTIAN HOEFLIGER?
Er ist das zweite neu gewählte Verwaltungsratsmitglied bei der Gstaad Menuhin Festival & Academy AG. Christian Hoefliger führt gemeinsam mit seiner Frau Brigitte seit 2003 das Romantik Hotel Hornberg in Saanenmöser, und zwar in dritter Generation. Er ist sehr gut vernetzt im Saanenland, kennt auch jenseits der Region viele Menschen. Wie er selber sagt, habe er sich sehr geehrt gefühlt, als die Anfrage an ihn gerichtet wurde, im Verwaltungsrat mitzuhelfen. Warum er dabei ist? Er sei fasziniert, was aus dem Festival im Laufe der Zeit geworden ist. Es mache einen sehr professionellen Eindruck auf ihn, so Hoefliger, sowohl die Geschäftsleitung als auch den Verwaltungsrat betreffend. Er hält das Festival für den wichtigsten Anlass, zumindest was Wertschöpfung, Dauer und Repräsentanz nach aussen angeht. Was seine eigenen künstlerischen Fähigkeiten betreffe, so habe er noch Potenzial, wie er schmunzelnd bekannt gab.
JENNY STERCHI
WER IST NICOLA SCHIESS?
Die neue Verwaltungsrätin der Gstaad Menuhin Festival & Academy AG Nicola Schiess ist eine Weltbürgerin. Ihr Name Schiess hat seine Wurzeln in der Ostschweiz, ihre Eltern jedoch stammen aus Wuppertal und Hamburg. Von dort aus bewegten sie sich nach Südamerika und brachten dort auch ihre Kinder zur Welt. In Chile aufgewachsen, kam Nicola Schiess für ein Wirtschaftsstudium nach Kapstadt und später nach Europa. Ihr musisches Interesse konnte sie mit wirtschaftlichen Aufgaben koppeln. So arbeitete sie unter anderem für den Mitteldeutschen Rundfunk und die Wiener Philharmoniker. Sie bezeichnet es selber als grossen Glücksfall, dass sich ihrer Familie die Möglichkeit bot, ein kleines Theater in Südchile zu bauen. Nach 12 Jahren Bauzeit konnte 2010 mit der Fertigstellung und Eröffnung des Teatro del Lago die Vision ihres Vaters realisiert werden. Es erfüllt einen Bildungsauftrag im künstlerischmusischen Bereich, die Zusammenarbeit mit Stipendiaten und Akademien steht im Zentrum. Seit vier Jahren lebt sie zwar in Salzburg, pendelt aber regelmässig nach Chile, um das Theater zu leiten und weiterzuentwickeln. Von ihren vielfältigen Erfahrungen wird nun der Verwaltungsrat der Gstaad Menuhin Festival & Academy AG profitieren können.
JENNY STERCHI



