Das Gstaad New Year Music Festival Gstaad wartete um den Jahreswechsel mit Sopranistinnen auf, die derzeit führend in der weltweiten Opernszene sind. Sonya Yoncheva und Lisette Oropesa begeisterten restlos.

JENNY STERCHI
Zwei Konzertabende mit zwei Sopranistinnen, deren Stimmen und Persönlichkeiten sich den Weg in die Ohren und Herzen der Zuhörenden bahnten – Sonya Yoncheva und Lisette Oropesa. Damit hatten die Veranstalter, unterstützt durch Mäzene, zwei Weltstars ins Saanenland geholt.

Sonya Yoncheva in Saanen
Der Konzertabend mit der in Bulgarien geborenen Sopranistin Sonya Yoncheva trug den Titel «Ad una stella» und bot am vorletzten Tag des Jahres tatsächlich himmlische Musik. Olyrix – ein Nachrichtenportal mit Berichten über lyrische Kunst wie Operninszenierungen und Liederabende – beschrieb die Kompetenz der bulgarischen Sängerin Sonya Yoncheva mit folgenden Worten: «Es ist eine schöne Intensität und sanfte Vertrautheit, die aus der Zartheit entsteht, mit der die Sopranistin jede Note durchdringt.» Diese Einschätzung bildet auch ihren Konzertabend in der Kirche Saanen sehr gut ab.

Als «Prächtige Stimme von heute» bot Yoncheva im Rahmen des Festivals einen musikalischen Abend, an dem sie sich durch mehrere Epochen bewegte. Mit «Donde lieta uscÌ» von Giacomo Puccini als eine ihrer zwei Zugaben entführte sie das Publikum gekonnt in die Romantik.

Dass sie sich auch in der Barockmusik heimisch fühlt, war in ihrer Interpretation von «Lascia ch’io pianga» aus Händels Oper «Rinaldo» zu hören. Mit «Come again, sweet love» von John Dowland bestätigte Yoncheva ihre Virtuosität im Repertoire der Renaissance.

Begleitet von Malcolm Martineau am Piano begeisterte die weltweit gefeierte Operndiva mit ihrer Stimme wie Samt. Ihr kraftvoller und zugleich unaufdringlicher Klang trieb die Zuhörerschaft während des ganzen Abends zu überraschendem Applaus, der nach jedem Liedvortrag aufbrandete.

Lisette Oropesa in Rougemont
Die US-amerikanische Sängerin Lisette Oropesa, die am Berchtoldstag in der Kirche von Rougemont gemeinsam mit dem Bariton Ludovic Tézier ein Konzert gab, war nicht zum ersten Mal zu Gast im Saanenland.

Die Sopranistin mit kubanischen Wurzeln begeisterte bereits vor vier Jahren ebenfalls im Rahmen des Gstaad New Year Music Festivals das Publikum in Rougemont. Die damals noch eher unbekannte Oropesa überraschte dazumal sowohl mit ihrer Stimme als auch mit ihrem schauspielerischen Talent.

Und beide Facetten präsentierte sie auch am diesjährigen Auftritt. In den musikalischen Zwiegesprächen, die sie mit Bariton Ludovic Tézier in Gaetano Donizettis «Lucia di Lammermoor» und Giuseppe Verdis «Rigoletto» führte, drückte sie sämtliche Emotionen greifbar mit Stimme, Mimik und Gestik aus. Ihre in den Medien als «makellos» beschriebene Technik bestätigte sie mit dem zu Herzen gehenden Vortrag des «Vocalise-étude en forme de Habanera» von Maurice Ravel. Das besondere an diesem Stück ist der Gesang ohne Text. Die Stimme mit einem offenen O-Laut über die Töne gleiten und springen zu lassen, bedarf doch einiges an gesanglichen Fähigkeiten. Doch Oropesas Ausdruck war so stark, dass der Charakter des Habaneras, des berühmtesten kubanischen Tanzes, wohl von jeder und jedem im Publikum auch ohne Worte verstanden wurde.

Scheinbar durchgehend leichtfüssig wurden die beiden Stimmen von Alessandro PraticÒ, dem erst 26-jährigen Pianisten aus Italien, am Flügel begleitet.

WER IST SONYA YONCHEVA?

Sie wurde in Bulgarien geboren und studierte dort Gesang und Klavier. Nach ihrem Masterabschluss in Gesang am Genfer Konservatorium startete sie ihre Karriere mit dem Sieg am Operalia-Opernwettbewerb in Mailand 2010. Seither ist sie auf den grossen Opernbühnen dieser Welt unterwegs. Sie singt in der Mailänder Scala, der New Yorker Metropolitan Opera und am Londoner Royal Opera House die bekanntesten Opernpartien, darunter die Gilda in Verdis «Rigoletto», die Violetta in «La traviata» sowie die Desdemona in «Otello». Auch an den Salzburger Festspielen war sie schon zu Gast. Im Januar 2023 wurde ihr Album «The Courtesan» vom Fachmagazin «Oper!» zur CD des Monats gekürt. Yoncheva lebt in der Schweiz und in Berlin, ist verheiratet und hat zwei Kinder.
JENNY STERCHI

WER IST LISETTE OROPESA?

Sie wurde als Tochter kubanischer Eltern in New Orleans, Louisiana, geboren. Sie spielte zwölf Jahre lang Flöte und nahm ein Gesangsstudium an der Louisiana State University auf. Nachdem sie die Auditions des Met Opera National Councils gewonnen hatte, wurde sie in das Lindemann Young Artist Development Program aufgenommen. Oropesa, die im Stimmfach lyrischer Koloratursopran musiziert, zog nach New York City und sang im Alter von 22 Jahren ihre erste grosse Rolle, Susanna in der «Hochzeit des Figaro» an der Met. Seither stand sie in über 100 Vorstellungen in vielen verschiedenen Rollen auf dieser Bühne. In der Zwischenzeit ist sie in Konzertsälen und auf Opernbühnen auf der ganzen Welt aufgetreten und hat sich zu einer der gefeiertsten Sängerinnen ihrer Generation entwickelt. Die heute 40-Jährige ist ausserdem eine Läuferin, die bereits sechs Marathons absolviert hat. Mit ihrer sportlichen Aktivität reagiert sie auf das von ihr öffentlich thematisierte Bodyshaming (Beurteilung des Menschen nach körperlichem Erscheinungsbild) in der Opernszene.

JENNY STERCHI

Weltbekannte Operndiven

Image Title

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Ja. Ich benötige ein Abo.

Article

Image Title