Tour de Suisse Women: Was Reusser in Gstaad begann, brachte sie zu Ende
17.06.2025 Gstaad, SportIN KÜRZE:
Gstaad war mehr als nur der Startpunkt einer Landesrundfahrt. Es war der Anfang einer Erfolgsgeschichte, die in Küssnacht am Rigi ihren Höhepunkt fand. Die Bernerin Marlen Reusser gewann nicht nur die erste Etappe der Tour de Suisse Women 2025 im ...
IN KÜRZE:
Gstaad war mehr als nur der Startpunkt einer Landesrundfahrt. Es war der Anfang einer Erfolgsgeschichte, die in Küssnacht am Rigi ihren Höhepunkt fand. Die Bernerin Marlen Reusser gewann nicht nur die erste Etappe der Tour de Suisse Women 2025 im Saanenland, sondern holte sich am Ende auch den Gesamtsieg. Mit einem souveränen Solo-Auftritt auf der letzten Etappe liess sie ihre Konkurrentinnen hinter sich holte sich den Titel von Demi Vollering zurück.
Die Tour de Suisse Women machte Gstaad für zwei Tage zum Zentrum des internationalen Frauenradsports. Zahlreiche Zuschauerinnen und Zuschauer säumten die Strecke, jubelten, klatschten und feierten die Fahrerinnen, allen voran Reusser. Die 33-Jährige bewies auf den über 500 Kilometern mit knapp 7000 Höhenmetern Ausdauer, Klasse und taktisches Geschick. Ihre stärkste Rivalin, Titelverteidigerin Demi Vollering, musste sich geschlagen geben.
Die Region zeigte sich von ihrer besten Seite: Bei strahlendem Sonnenschein strömten Gäste aus nah und fern nach Gstaad, um die Etappe mit Start und Ziel im Dorf live zu erleben. Die Promenade verwandelte sich in ein lebendiges Eventgelände, eingerahmt von Absperrgittern und gesäumt von Sponsorenständen, Fan-Zonen und einer Bike-Expo. Schon früh am Morgen herrschte emsiges Treiben, als Helferinnen und Helfer aus der Region, insgesamt rund 280, den reibungslosen Ablauf ermöglichten. Auch die lokale Politik war präsent: Gemeindepräsidentin Petra Schläppi überreichte der Tagessiegerin Reusser persönlich den Preis.
Das Saanenland im Radsportfieber
Nach einer selten schönen Vollmondnacht erwachte die Sonne am Donnerstag, 12. Juni um 5.38 Uhr über dem Saanenland. Sie motivierte alle in die Tour de Suisse Women involvierten Personen. Besonders gross war die Freude bei den Organisationsteams um Ruedi Kunz und Flurin Riedi. Aber auch die Teams der Rennfahrerinnen, hergereist aus allen Herren Ländern, bereiteten sich auf den Start zur ersten Etappe akribisch vor. Das Saanenland, mit dem Start- und Zielort Gstaad, war bereit für ein unvergessliches Radsportereignis.
EUGEN DORNBIERER-HAUSWIRTH
Die Verantwortlichen der fünften Austragung der Tour de Suisse Women präsentierten den Fahrerinnen ein happiges Programm. Zu bewältigen waren über 500 Kilometer und knapp 7000 Höhenmeter. Am Donnerstag fand einer der zwei Höhepunkte der diesjährigen Rundfahrt statt, nämlich die Start- und Zieletappe in Gstaad. Das 95,5 Kilometer lange Rennen führte über den Jaunpass durch die Kantone Bern, Freiburg und Waadt. Und weil es ein Rundrennen war, kamen die Zuschauenden in den Genuss, die Fahrerinnen zweimal zu sehen – einmal beim Start und einmal bei der Zieleinfahrt.
Im grossartigen Fahrerinnenfeld waren nebst internationalen Topstars wie Demi Vollering und Elisa Balsamo auch sieben Schweizerinnen, angeführt von Marlen Reusser, am Start. Die 33-jährige Bernerin gehörte zum engsten Kreis der Favoritinnen. Diese Vorschusslorbeeren bestätigte sie denn auch mit dem Sieg in der ersten Etappe. Nach 2:29:32 querte sie die Ziellinie auf der Gstaader Promenade. Die langsamste Fahrerin benötigte 27 Minuten mehr Zeit als die Siegerin. Vier Athletinnen gaben das Rennen auf, möglicherweise der grossen Hitze geschuldet.
Ein Radsportanlass vom Format Tour de Suisse Women ist mehr als ein reines Profiradrennen. Mit dem gesamtheitlichen Konzept soll es zu einem Radsportfest für alle werden. Mit der Fanzone, der Bike-Expo und der Kids-World sollen die Zuschauer: innen zum Verweilen eingeladen werden.
Sowohl am Donnerstag als auch am Freitag präsentierte Georges Lüchinger kurz vor dem Start der Etappen 18 der weltbesten Teams mit insgesamt 108 Fahrerinnen. Diese Show wurde von zahlreich anwesenden Zuschauenden mit grossem Interesse verfolgt. Sie vernahmen viele Details über die Fahrerinnen. Auch sahen sie die Athletinnen aus sehr kurzer Distanz. Viele bestaunten die eleganten, superleichten Rennvelos, die gut und gerne 12’000 bis 20’000 Franken kosten dürften.
Für zwei Tage war die Gstaader Promenade weniger geeignet für ein Shoppingerlebnis. Für die Besucher:innen unseres Dorfes war das Einkaufserlebnis zweitrangig. Die wunderschöne Promenade war eingerahmt mit Gittern und gesäumt von attraktiven Eventshops. Die Tour de Suisse Women lockte enorm viele Menschen aus nah und fern ins Saanenland. Die Radsportlerinnen wurden sowohl im Dorf Gstaad als auch unterwegs in Saanen, Schönried und Saanenmöser mit euphorischem Geklatsche und Rufen begrüsst.
Die Tour de Suisse Women 2025 war ein Fest der Freude und möglicherweise auch ein Segen für unser schönes Saanenland.
GROSSE RUHE VOR DEM STURM
Im Büro der Sport Events Gstaad GmbH herrschte grosse Ruhe – kein Stress, keine Nervosität, obwohl eine «mega Kiste» ins Büro geschoben wurde. Wenige Wochen vor dem Start der Tour de Suisse (TdS) Women erhielt Ruedi Kunz einen Telefonanruf von Oliver Senn, Co-CEO Verein Tour de Suisse: «Ruedi, wir haben ein Problem, kann Gstaad Start und Ziel der ersten Etappe der TdS Women übernehmen?» Ruedi Kunz, ein Macher, der nie dafür war, dass man dagegen ist, handelte unverzüglich. In einem Gespräch mit Tourismusdirektor Flurin Riedi war man sich schnell einig, den Anlass zu übernehmen. Von einem Zustand extremer Freude, Glück und Wohlbefinden war vorerst nicht die Rede, denn sportliche Grossanlässe können in der Regel mit grossem zeitlichem Vorlauf und sorgfältiger Vorbereitung geplant und durchgeführt werden. Der quasi über Nacht übernommene Startevent der TdS Women bedeutete immens rasches Handeln. Die Teams um Ruedi Kunz und Flurin Riedi hatten eiligst eine komplexe To-do-Liste abzuarbeiten.
Optimal, dass Ruedi Kunz und Flurin Riedi sehr erfahrene Manager sind, die über starke Netzwerke verfügen. Zudem – und das ist im Saanenland so fabelhaft – sind alle involvierten Institutionen und Organisationen bereit, gemeinsam am Strick zu ziehen und Projekte zum Erfolg zu führen. Selbst die Gemeindepräsidentin von Saanen engagierte sich, indem sie Manpower offerierte und finanzielle Unterstützung zusicherte.
EDH
«Dieser Sportevent hat einen grossen Mehrwert für unsere Region generiert»
Flurin Riedi, wie erlebten Sie den Moment des Starts?
Angespannt! Marlene Reusser, unsere Bernerin, als Leaderin auf der Startlinie zu beobachten, erfüllte mich mit grosser Freude. Mit dem Start zur zweiten Etappe endet für uns die Tour de Suisse Women 2025.
Was ging Ihnen während der zwei Tage der TdS Women durch den Kopf?
Eigentlich hatte man kaum Zeit, um an andere Dinge als die TdS Women zu denken. Man ist permanent, an allen Ecken und Enden, involviert in das Geschehen. Die Vorbereitungszeit für diesen Sportevent war extrem kurz. Wir entschieden im März, die erste Etappe mit Start und Ziel in Gstaad und den Start zur zweiten Etappe zu übernehmen. So eine Chance erhält man wirklich nicht alle Tage. Wir sind super happy, wie alles geklappt hat! Für uns war wichtig, dass die Organisatoren der TdS Women zufrieden sind. Dank den Helfer:innen und dem sehr schönen, sonnigen Wetter mit blauem, wolkenlosem Himmel konnten via Fernsehstationen prächtige Bilder aus dem Saanenland in 130 Länder ausgestrahlt werden.
Die Leistung der Rennfahrerinnen können Sie recht gut einschätzen, weil Sie einst ein sehr guter Velorennfahrer waren.
Ja, ich benötigte 3 Stunden und 15 Minuten für die Strecke der ersten Etappe (94km) Die Leistungen der Fahrerinnen sind absolut souverän. Von Gstaad auf den Jaunpass in einer Stunde, da muss man erst mal Velofahren! (schmunzelt)
Welches war Ihr absolutes Highlight in diesen zwei Tagen?
Das Gesamtpaket. Ich finde es schön, dass wir diesen Event im Saanenland, mit Start- und Zielort Gstaad, durchführen durften. Auch freut es uns, an der Entwicklung des Frauenradrennsports beteiligt gewesen zu sein. Ich bin überzeugt, dass dieser Sportevent für unsere Region einen grossen Mehrwert generiert hat.
Ist der Verkehrskollaps in Zusammenhang mit dem Abschluss der ersten Etappe ein «Tolggen» im Reinheft?
In gewissem Sinne ja. Wir mögen solch ärgerliche Situationen nicht, können sie jedoch nicht ausschliessen, weil wir die Leistungsstärken der Rennfahrerinnen nicht beeinflussen können. So kann es zu Verspätungen kommen. Wir haben Verständnis für den Ärger und bedauern die Unannehmlichkeiten, die durch den Verkehrsstau entstanden sind.
Können Sie sich vorstellen, einen solchen Anlass wieder durchzuführen?
Absolut! Es gibt noch einige Punkte, die wir optimieren können. Es war ja nicht ein wiederkehrender Event wie das Beach-, das ATP-Tennisturnier oder das Gstaad Menuhin Festival und so könnten wir uns vorstellen, einen Anlass im Rahmen der Tour de Suisse zu übernehmen, sofern die Konditionen für uns stimmen würden.
EDH
FERNSEHEN
Die TdS Women wird in 130 Ländern ausgestrahlt. Die fünf Unternehmenseinheiten von SRG: RSI, RTR, RTS, SRF und SWI senden täglich 90 Minuten live.
EINIGE ZAHLEN UND FAKTEN
– 230 Aktive (Fahrerinnen, Staff, medizinisches
Personal, Mechaniker)
– 280 Helferinnen und Helfer (inkl. lokale)
– 200 Sponsoren und VIPs, eingeladen von der TdS-Leitung
– 110 Medienleute
– Unterkunft für die Männer des Zivilschutzes
– Unterkunft für Familienangehörige der Fahrerinnen
Die Bettenkapazität in Gstaad reicht bei Weitem nicht, ausgewichen werden musste nach Rougemont, Château-d’Oex und Zweisimmen.
«Es freut mich, wenn jeder dem anderen hilft»
Stefan Rhyn, für welches Ressort waren Sie an diesen zwei Velorenntagen zuständig?
Ich war verantwortlich für den Verkehr und die Sicherheit.
Gab es Probleme?
Nein. Alle Helfenden kamen wieder gesund nach Hause.
Und das Verkehrschaos am Ende der ersten Etappe?
Ja, das war tatsächlich ein gröberes Problem. Die Ursache lag im grossen Zeitabstand zwischen der schnellsten und der langsamsten Fahrerin. Das Fahrerinnenfeld zog sich um eine halbe Stunde auseinander. Das hatte zur Folge, dass die Strassen erst nach der Einfahrt des Besenwagens freigegeben werden konnte.
Welches war Ihr persönliches Erfolgserlebnis?
Ich machte diesen Job zum ersten Mal. Es war sehr lehrreich, weil ich mit vielen Funktionsträgern in Verbindung stand. Besonders erfreut war ich über das Echo der TdS-Mitarbeiter:innen, die begeistert waren von der Gastfreundschaft hier im Saanenland. Auch supercool fand ich die Zusammenarbeit in unserem Team. Besonders spannend verlief unser Einsatz, als es «brannte», weil eine Züglete «hereinschneite».
Gab es ein Notfallkonzept?
Selbstverständlich! Wir hatten eine Sicherheitsabnahme von der Delta Security AG. Zudem unterhielten wir einen Sanitätsposten. Dieser wäre auch der Sammelort gewesen, wäre irgendetwas geschehen.
Würden Sie diese Aufgabe wiederum ausführen?
Absolut, jederzeit! Das war ein sehr spannender Auftrag. Ich arbeite gerne mit anderen zusammen und es freut mich, wenn jeder dem anderen hilft.
EDH