Dem lauen Winter noch etwas Gutes abgewinnen
27.03.2024 SaanenDer Schnee zeigte sich diesen Winter nur mässig. Der Werkhof der Gemeinde Saanen sitzt deshalb auf 40 Tonnen Streusalz. Wohin damit? In die Molkereien Gstaad und Schönried. Eine kreative Zusammenarbeit für die Umwelt und die Region.
JOCELYNE PAGE
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Der Schnee zeigte sich diesen Winter nur mässig. Der Werkhof der Gemeinde Saanen sitzt deshalb auf 40 Tonnen Streusalz. Wohin damit? In die Molkereien Gstaad und Schönried. Eine kreative Zusammenarbeit für die Umwelt und die Region.
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Christian Brand blickt auf das Depot mit Streusalz – es ist noch gut gefüllt. «In anderen Wintern mussten wir um diese Zeit über eine Nachbestellung nachdenken, sollte es im April nochmals unerwartet schneien. Aber dieses Jahr haben wir dieses Problem nicht», sagt der Betriebsleiter des Werkhofs Saanen. Der Niederschlag hielt sich diesen Winter in Grenzen, die Saison entpuppte sich als schneearm. Im Vergleich zu anderen Jahren rückte die kommunale Schneeräumung entsprechend wenig aus – und nun bleibt der Werkhof auf dem Streusalz sitzen.
Aber in ein paar Monaten kommt wieder ein neuer Winter, bis dahin kann doch das Material zwischengelagert werden, nicht wahr? Brand schüttelt den Kopf, «leider nein». Er erklärt: Durch die lange Lagerung nehme das Streusalz Feuchtigkeit auf, Klumpen würden sich bilden und das Umfüllen in die Gemeindefahrzeuge erschweren. Materialschäden seien nicht auszuschliessen und die Wirkung des Salzes nehme ab. Somit ein Fall für den Abfalleimer? In den letzten Jahren konnten die Restbestände an die Rheinsalinen zurückgeführt werden, aber da es vielen Gemeinden gleich ergehe, hätten sie keine Lagerplätze mehr. Deshalb müsse eine andere Lösung gefunden werden, erklärt Brand.
Gemeinde und Molkereien machen gemeinsame Sache
Sein Team hat aber bereits einen Masterplan für das übrige Streusalz. «Beim Winterdienst verwenden wir Kochsalz, ohne chemische Zusatzstoffe», erklärt Brand. Im Sinne der Nachhaltigkeit wäre es eine Verschwendung, das gesamte Tausalz wegzuschmeissen. «Wir haben uns deshalb mit der Molkerei Gstaad und Schönried getroffen und ihnen unsere Situation erläutert», erzählt Brand. «Für uns alle war klar: Es muss ein Streusalz-Mutschli geben», sagt Reto Siegrist, Geschäftsführer der Molkerei Schönried. «Keine Frage! Schon beim Treffen haben wir das Vorgehen, den Namen und die Vermarktung besprochen», pflichtet ihm René Ryser bei, Geschäftsführer der Molkerei Gstaad. Doch bevor es an die Umsetzung gehen konnte, brauchte es die eine und andere Abklärung – und Bewilligung.
Lebensmittelinspektorat gibt unter Bedingungen grünes Licht
«Es war nie eine Frage der Machbarkeit. Vielmehr mussten wir uns beim kantonalen Lebensmittelinspektorat erkundigen, ob wir überhaupt Streusalz verwenden dürfen», erklärt René Ryser. Die beiden Geschäftsführer der zwei Molkereien reisten deshalb nach Bern, um dem kantonalen Laboratorium die Idee und das Konzept zu erläutern und um zu erfahren, welche Möglichkeiten sich ihnen bieten. «Das Feedback war positiv, denn das kantonale Amt begrüsste den Nachhaltigkeitsaspekt und insbesondere die Regionalität», sagt Reto Siegrist. Das Amt stellte eine Bedingung: Die Molkereien müssen das Streusalz vor der Verarbeitung auf seine Reinheit prüfen lassen. Gibt das Inspektorat grünes Licht, kann es mit dem Käsen losgehen.
Im Frühling kommt das Mutschli
Wann startet denn die Produktion? Mitte April, antwortet Christian Brand. «Da dieser Monat wettertechnisch unberechenbar ist, warten wir noch rund zwei Wochen, damit wir allenfalls für einen Winterdienst noch genügend Streusalz haben.» Nach dieser Frist holen die Molkereien Gstaad und Schönried die 40 Tonnen Streusalz etappenweise beim Saaner Werkhof ab, lassen die Lebensmittelkontrolle durchführen und verschwinden anschliessend mit dem Salz in ihre Molkereien. «Ich wohne in der Nähe des Turms, in dem das Streusalz gelagert wird. So kann ich jeden Morgen einige Kessel frisches Salz mit in die Molkerei Schönried nehmen. Eine echte Bereicherung für meinen Arbeitsweg», sagt Siegrist schmunzelnd.
Die Käser freuen sich sichtlich über das gemeinsame Projekt. «Wenn die Prüfung speditiv vorangeht, können wir innerhalb von drei Wochen die Mutschlis produzieren. Somit rechnen wir mit Mitte bis Ende Mai für den Verkaufsstart in den Filialen unserer zwei Molkereien», sagt René Ryser.
Der Nachhaltigkeitsgedanke endet damit aber nicht: Um die anfallende Molke des Mutschlis optimal zu verwerten, suchen die Käser Hotels, die Molkebäder anbieten. «Das Molkebad in Kombination mit einem regionalen Streusalz-Peeling würde jeden Spa-Bereich im Saanenland aufwerten», so Siegrist.
Geheime Zutaten
Erste Testproduktionen haben Siegrist und Ryser bereits durchgeführt, gemeinsam tüftelten sie am Rezept. Die besondere Zutat sei natürlich das Streusalz, aber es hätten noch andere einzigartige Geschmacksträger den Weg in den Käse gefunden. «Mehr möchten wir noch nicht verraten, aber nur so viel: Es handelt sich um regionale Köstlichkeiten», erzählt Siegrist.
Und wie heisst das Kind? Oder ist dies auch ein Geheimnis? «Wir haben den Käse ‹Frühlingstau-Mutschli› getauft», gibt Ryser preis.
Wenn Sie Interesse an einem Frühlingstau-Mutschli haben, können Sie sich ab dem 1. April bei den Molkereien Gstaad und Schönried melden. Sie nehmen Vorbestellungen auf.
-- Anmerkung der Redaktion: Bei diesem Artikel handelt es sich um unseren alljährlichen 1. Aprilscherz. In der darauffolgenden AvS-Ausgabe wurde der Scherz aufgelöst. --