Höherer Selbstbehalt auf gewissen Originalmedikamenten

  12.03.2024 Gesundheitswesen

Zur Entlastung der Krankenkassenprämien hat der Bundesrat Ende letzten Jahres den Preis von 350 Medikamenten um rund zehn Prozent gesenkt. Als weitere kostendämpfende Massnahme wurde der Selbstbehalt einiger Originalpräparate auf 40 Prozent angehoben. Wir haben bei Barbara Annen, Apothekerin und Co-Geschäftsleiterin der Apotheke Dr. Kropf in Gstaad nach den Gründen gefragt.

ANITA MOSER

Ich habe kürzlich festgestellt, dass ich für eines meiner Medikamente, das ich seit Jahren nehmen muss, ab sofort 40 Prozent Selbstbehalt bezahle. Weshalb?

Barbara Annen: Krankenkassen verrechnen ab dem 1. Januar 2024 für gewisse Originalmedikamente 40 Prozent Selbstbehalt. Das heisst, Patientinnen und Patienten bezahlen 40 Prozent des Medikamentenpreises selber. Die Krankenkasse übernimmt lediglich 60 Prozent. Das Ziel ist es, so viele Patientinnen und Patienten wie möglich auf die günstigeren Generika umzustellen und so die Gesundheitskosten zu senken. Unser Apothekenteam informiert Kundinnen und Kunden jeweils, falls diese Situation zutrifft.

Schon seit 2006 gab es für diese Originalpräparate einen erhöhten Selbstbehalt, allerdings betrug dieser in der Zeit zwischen 2006 bis 2023 nur 20 Prozent, falls es für diese Produkte günstigere Nachahmerpräparate (Generika) gab.

Wie viele Medikamente sind in etwa von der Erhöhung des Selbstbehaltes betroffen?

Um wie viele Medikamente es sich dabei handelt, kann ich leider nicht beantworten.

Um welche Medikamente handelt es sich hauptsächlich? Geht es um einen bestimmten Wirkstoff oder sind unterschiedliche Medikamente betroffen, die bei unterschiedlichen Krankheiten eingesetzt werden?

Diese neue Regelung kommt über alle Wirkstoffgruppen zum Tragen, neu auch für Arzneimittel mit biologischen Wirkstoffen, sogenannte Biopharmazeutika. Das heisst, es sind nicht nur einzelne Wirkstoffe oder spezielle Medikamentengruppen betroffen.

Wer ist für die Erhöhung des Selbstbehaltes verantwortlich – die Pharmaindustrie, die Krankenkassen?

Die neue Regelung wurde vom Bundesrat verfügt. Die Preise von kassenpflichtigen Medikamenten werden vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) gesetzlich festgelegt. Bei den nicht kassenpflichtigen Medikamenten gibt es keine staatliche Preisfestsetzung, hierfür ist die Pharmaindustrie in Eigenregie verantwortlich.


Barbara Annen, Apothekerin und Co-Geschäftsleiterin der Apotheke Dr. Kropf Gstaad. (Foto: zvg)

Was will man mit der Erhöhung des Selbstbehaltes bezwecken?

Das Ziel des Bundesrates ist es, die Bevölkerung für den Umstieg von Originalpräparaten zu den günstigeren Generika zu motivieren, ohne dass Patientinnen und Patienten dabei auf Qualität verzichten müssen. Durch die Wahl von Generika trägt jede versicherte Person zu Kosteneinsparungen im Gesundheitssystem bei. Wir begrüssen diesen Schritt.

Müssen Generika andere Vorgaben erfüllen als Originalmedikamente?

Nein. Generika werden nach den gleich strengen Qualitätsverfahren getestet, dokumentiert und hergestellt wie Originalmedikamente. Erst wenn sie alle Vorgaben der Schweizer Arzneimittelbehörde erfüllt haben, werden sie für Patientinnen und Patienten zugelassen. Zusammengefasst bedeutet dies, dass Generika in Bezug auf Verträglichkeit und Wirksamkeit mit dem Originalmedikament austauschbar sind.


Der Selbstbehalt bei einigen Originalpräparaten ist in diesem Jahr angestiegen. (Ssymbolbild: Adobestock)

Falls ich als Patient, als Patientin auf ein solches Medikament angewiesen bin, das Generikum jedoch nicht vertrage: Muss ich dennoch die 40 Prozent Selbstbehalt bezahlen? Oder kann mir der Arzt ein entsprechendes Attest ausstellen für die Krankenkasse?

Ärztinnen und Ärzte können in medizinisch begründeten Fällen weiterhin Originalpräparate verschreiben, für welche Patientinnen und Patienten nur zehn Prozent Selbstbehalt bezahlen. In diesem Fall muss der Arzt, die Ärztin jedoch auf dem Rezept klar vermerken, dass die Apotheke kein Nachahmerpräparat abgeben darf. Ist dies nicht explizit vermerkt und Patientinnen und Patienten wünschen dennoch das Originalpräparat, so beträgt der Selbstbehalt 40 Prozent des Preises des teureren Originalpräparates.

Wird der Vermerk des Arztes, der Ärztin von den Krankenkassen akzeptiert? Haben Sie entsprechende Erfahrungen gemacht?

Ja, sofern der Arzt, die Ärztin dies entsprechend auf dem Rezept vermerkt, wird es von der Krankenkasse akzeptiert.

Wie soll ich als Patientin/Patient grundsätzlich vorgehen, wenn «mein» Medikament von der Erhöhung betroffen ist?

Der Entscheid für oder gegen Generika liegt immer bei den Patientinnen und Patienten selbst. Er oder sie hat das Recht, auf das Originalpräparat zu bestehen. Wer sich für ein günstigeres Nachahmerpräparat entscheidet, entlastet das Gesundheitssystem und wird dafür mit einem tieferen Selbstbehalt der Krankenkasse belohnt.

Wir empfehlen den betroffenen Patientinnen und Patienten mit ihrer Ärztin, ihrem Arzt Kontakt aufzunehmen und zusammen mit ihr oder ihm zu prüfen, ob ein Wechsel auf ein Nachahmerpräparat mit nur zehn Prozent Selbstbehalt möglich ist.

 


 


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote