Mehr Arbeitsplätze, stabile Umsätze und Entspannung bei Lehrstellen
14.11.2025 WirtschaftDie Wirtschaft im Berner Oberland zeigt sich widerstandsfähig und zuversichtlich. Viele Betriebe investieren, bauen Arbeitsplätze aus und bilden mehr Lernende aus. Die Wirtschaftsumfrage 2025 des Verbandes Wirtschaft Thun Oberland zeigt eine erfreuliche Stabilität trotz ...
Die Wirtschaft im Berner Oberland zeigt sich widerstandsfähig und zuversichtlich. Viele Betriebe investieren, bauen Arbeitsplätze aus und bilden mehr Lernende aus. Die Wirtschaftsumfrage 2025 des Verbandes Wirtschaft Thun Oberland zeigt eine erfreuliche Stabilität trotz steigender Kosten und wachsender Regulierung. Gleichzeitig fordern die Unternehmen mehr Effizienz in der Verwaltung und warnen vor einer zunehmenden Konkurrenzierung durch den öffentlichen Sektor.
Wie die Berner Wirtschaft Thun Oberland in einer Medienmitteilung schreibt, nahmen 133 Unternehmen aus dem ganzen Berner Oberland teil an der Erhebung. Sie repräsentieren über 12’000 Arbeitsplätze, davon rund 40 Prozent Frauen. Fast jedes zweite Unternehmen ist im Dienstleistungssektor tätig, rund ein Fünftel in der Industrie und ebenso viele im Baugewerbe.
Die befragten Betriebe hätten eine durchschnittliche Steigerung der Lohnsumme um rund zwei Prozent gemeldet. Der eigentliche Teuerungsausgleich liege meist nur zwischen 0,0 und 0,5 Prozent, die höheren Werte würden sich aus zielgerichteten Lohnanpassungen zur Mitarbeiterbindung ergeben. «Viele Unternehmen sehen sich gezwungen, Löhne punktuell anzuheben, um gute Mitarbeitende zu halten – insbesondere, da der Kanton Bern in mehreren Berufsfeldern höhere Löhne und Sozialleistungen bezahlt als die Privatwirtschaft», heisst es in der Mitteilung. Nur rund 15 Prozent der Betriebe gewährten automatische Lohnerhöhungen gemäss Reglement oder Index. Lohnerhöhungen erfolgten meist kombiniert – teils generell, teils individuell.
Mehr Arbeitsplätze und Entspannung bei Lehrstellen
Die Wirtschaft im Berner Oberland bleibe dynamisch und beschäftigungsstark. «Zwar mussten einzelne Firmen Stellen reduzieren – über alle teilnehmenden Betriebe hinweg resultiert jedoch ein Nettozuwachs von rund 220 Arbeitsplätzen.» Für das kommende Jahr erwarten die Unternehmen einen weiteren leichten Stellenaufbau. Zu beachten sei, dass grössere Firmenschliessungen in der Region, die in den letzten Monaten erfolgt seien, nicht Teil dieser Erhebung waren. Die Umfrage bilde damit die Stimmung und Entwicklung unter den aktiven Mitgliedsbetrieben ab.
Auch im Bildungsbereich zeige sich ein erfreuliches Bild. «Die Zahl der Lehrstellen steigt leicht – von rund 890 auf über 900. Gleichzeitig berichten viele Betriebe von einer klaren Entspannung bei der Besetzung.» Offene Lehrstellen konnten deutlich einfacher besetzt werden als in den Vorjahren. «Nach Jahren des Drucks auf dem Lehrstellenmarkt sehen wir erstmals eine spürbare Entspannung», wird Carlos Reinhard, Präsident der Wirtschaft Thun Oberland, zitiert. «Das ist ein gutes Zeichen – die duale Berufsbildung funktioniert und bleibt die tragende Säule unserer regionalen Wirtschaft.»
Stabile Umsätze, solide Erträge
Die befragten Unternehmen zeigten sich wirtschaftlich erstaunlich widerstandsfähig. Über die Hälfte habe den Umsatz im laufenden Jahr steigern können, während nur ein kleiner Teil einen Rückgang gemeldet habe. Auch der Ausblick bleibe positiv. «85 Prozent der Betriebe erwarten in den kommenden Monaten eine stabile oder bessere Entwicklung.»
Der Arbeitsvorrat werde bei neun von zehn Unternehmen als gut oder befriedigend bezeichnet – ein Zeichen für eine solide Auftragslage in nahezu allen Branchen. Trotz steigender Beschaffungskosten, die mehr als die Hälfte der Firmen betreffen, bleibe die Ertragslage insgesamt stabil.
Die Investitionsbereitschaft bleibe hoch. «Viele Betriebe planen im kommenden Jahr weiter in Gebäude, Maschinen oder Digitalisierung zu investieren. Diese Investitionsfreude signalisiert Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Berner Oberland – trotz der anhaltenden Herausforderungen durch Teuerung, Regulierungsdruck und Fachkräftemangel.»
Deutliche Mehrheit für Modernisierung der Kirchensteuer
Bei der Frage nach der Kirchensteuer juristischer Personen zeige sich eine klare Tendenz: 50 Prozent der Unternehmen wollten die Abgabe abschaffen, 34 Prozent wünschten eine freiwillige Lösung, nur 16 Prozent möchten am Status quo festhalten. Besonders deutlich sei die Haltung in der Industrie und im Baugewerbe. «Über 80 Prozent der Arbeitsplätze in diesen Branchen liegen in Betrieben, die eine Reform oder Abschaffung der Abgabe fordern. Auch bei den Dienstleistungsbetrieben sprechen sich rund 85 Prozent der Beschäftigten für eine Änderung aus.» Damit gelte. «Die grosse Mehrheit der Arbeitgeber und Beschäftigten im Berner Oberland befürwortet eine modernisierte, freiwillige oder abgeschaffte Kirchensteuer.»
Fokus: Fachkräfte, Verwaltung und faire Rahmenbedingungen
In den offenen Antworten hätten die Unternehmen wiederkehrend ähnliche Themen genannt: Künstliche Intelligenz (KI) und Digitalisierung, Abbau von Bürokratie und übermässiger Regulierung, Fachkräftemangel und Standortförderung sowie Energiepreise und Planungssicherheit.
Zunehmend werde auch die Konkurrenzierung durch den öffentlichen Sektor als Problem genannt. Mehrere Betriebe kritisierten, dass der Kanton Bern für vergleichbare Stellen deutlich höhere Löhne und Beiträge bezahle als die Privatwirtschaft. Dadurch werde die Personalgewinnung für KMU zusätzlich erschwert und das Lohngefüge in der Region verzerrt. «Der Staat sollte Partner, nicht Konkurrent der Wirtschaft sein», so Reinhard. «Wenn der Kanton über höhere Löhne Fachkräfte abzieht, schadet das den privaten Arbeitgebern und letztlich auch der regionalen Wertschöpfung.»
PD/MOA
