Von der Luxusklinik zum Grundversorger
10.04.2025 GesundheitswesenEinst war bei der GIH die Rede von einer Luxusklinik mit Spitzenmedizin und 5-Sterne-Hotellerie, heute strebt man eine solide Grundversorgung für Einheimische und Gäste an. Was ist passiert?
KEREM S. MAURER
Seit die Saaner Stimmbevölkerung an der ...
Einst war bei der GIH die Rede von einer Luxusklinik mit Spitzenmedizin und 5-Sterne-Hotellerie, heute strebt man eine solide Grundversorgung für Einheimische und Gäste an. Was ist passiert?
KEREM S. MAURER
Seit die Saaner Stimmbevölkerung an der Gemeindeversammlung vom 9. Juni 2023 mit 235 Ja-Stimmen gegen 141 Nein-Stimmen beschloss, der damaligen Gstaad International Healthcare AG die Spitalparzelle im Baurecht zu überlassen, um den «Gstaad Medical Campus» zu planen, hat sich einiges geändert. Damals war die Rede von einer Luxusklinik mit Spitzenmedizin inklusive 5-Sterne-Hotellerie. Heute strebt die Unternehmung mit dem leicht geänderten Namen – Gstaad International Health Group AG – in enger Zusammenarbeit und gemeinsamer Federführung mit der Gemeinde Saanen eine solide medizinische Grundversorgung an. Was steckt dahinter?
Zu gross und zu teuer
«Das damalige Projekt war gross gedacht», erklärt Dominik Unger, Geschäftsführer und VR-Vizepräsident der Gstaad International Health Group AG (GIH) auf Anfrage. Die «dramatische Entwicklung» in der medizinischen Grundversorgung, die sich 2022/23 abzeichnete, habe zu einem Umdenken geführt. «Warten auf die Realisierung eines Grossprojekts, und so erst Jahre später eine ärztliche Betreuung der Einheimischen und Gäste sicherzustellen, durfte nicht mehr im Hauptfokus stehen», so Unger. Vielmehr habe zuerst das Hausarztproblem gelöst werden müssen.
Daneben spielte auch das liebe Geld eine Rolle. «Die Finanzierung des ursprünglichen Projekts erwies sich auf dem internationalen Kapitalmarkt als schwierig», räumt Dominik Unger ein. Und – obschon das Projekt von interessierten Parteien «inhaltlich als interessant» bezeichnet wurde – seien die Richtpreise, an denen solche Projekte gemessen würden (z.B. Pro-Bett-Preis) im internationalen Vergleich aufgrund der Schweizer Preise und speziell denen in Gstaad zu hoch. «Somit konnten wir interessierte Investoren nicht für das Projekt gewinnen», sagt Unger. Ausserdem sei die Rekrutierung der notwendigen Fachkräfte, insbesondere von spezialisierten Ärztinnen und Ärzten ausserhalb des EU-Raumes nicht in ausreichendem Ausmass möglich gewesen.
Zugänglich, sinnvoll, bedarfsgerecht
Saanens Gemeindepräsidentin Petra Schläppi betont: «Statt eines Luxusbaus soll nun ein ortsübliches Gesundheitszentrum für alle entstehen: zugänglich, sinnvoll und bedarfsgerecht.» Jetzt sei es wichtig, dass die einstige Vision nicht in den Köpfen der Bevölkerung bleibe. Die GIH habe das Potenzial einer etablierten medizinischen Grundversorgung erkannt und mit ihrer Hilfe beim Aufbau der SarinaMed gezeigt, dass ihr diese am Herzen liege. «Ohne ihre Mithilfe wäre die SarinaMed heute nicht das, was sie ist», unterstreicht Schläppi. Jetzt stehe man vor der Möglichkeit, die Herausforderung gemeinsam anzugehen und das Areal im Sinne der Bevölkerung weiterzuentwickeln. «Diese Chance der Zusammenarbeit ist einmalig und wird sowohl den Einheimischen als auch den Gästen zugute kommen. Anerkennen wir ihre Bereitschaft zur Mitarbeit.» Dominik Unger bestätigt: «Im Zuge des dringend nötigen Aufbaus der SarinaMed Gemeinschaftspraxis und den gewonnenen Erkenntnissen, hat sich die grundsätzliche Ausrichtung der GIH verändert.» Im Rahmen der aktuellen Arealentwicklung fokussiere sich die GIH vor allem auf die Spezialgebiete der Geriatrie, Orthopädie, Urologie und Kardiologie. Auch da stünde heute der Gedanke der erweiterten Grundversorgung im Zentrum.
Internationale Partner sind noch dabei
Ursprünglich wurde die Johns Hopkins University als internationaler Partner genannt. Ist diese heute noch dabei? Noch einmal Dominik Unger: «Johns Hopkins Medicine International ist nach wie vor als Partner und Berater an Bord. Es sind jedoch auch neue dazugekommen, die im Rahmen der oben erwähnten Ausrichtung schon jetzt auf Stufe Grundversorgung Hand bieten können.» Beispiele dafür seien Sprechstunden in der Kardiologie und der orthopädischen Chirurgie. Aufgrund der schwierigen Akkreditierung von ausländischen Fachkräften seien vor allem auch Schweizer Partner aus dem Gesundheitswesen dazu gekommen.
GIH UND GEMEINDE SAANEN: DIE NÄCHSTEN SCHRITTE
Die Gemeinde Saanen und die GIH sind sich laut einer Mitteilung der GIH einig, dass ein modernes und zukunftsgerichtetes Gesundheitszentrum auf dem Spitalareal entstehen soll. Dazu werden die bestehenden Infrastrukturen auf eine mögliche Sanierung und Weiternutzung geprüft. Ob eine Sanierung sinnvoll ist, hänge im wesentlichen vom Zustand der Bausubstanz, den Bedürfnissen des zukünftigen Raumkonzepts und den Kosten einer allfälligen Sanierung ab, heisst es in der Mitteilung. So oder so werde bei der Planung angestrebt, dass die aktuellen Mietparteien ihre Dienstleistungen auch während der Bauarbeiten unterbrechungsfrei anbieten können.
Für die Prüfung der Bausubstanz, der Potenzial- und Substanzanalyse sowie für weitere Abklärungen genehmigte der Saaner Gemeinderat einen Nachkredit in der Höhe von 260’000 Franken (siehe «Anzeiger von Saanen» vom 8. April). Der Grossteil dieses Kredits werde eingesetzt, um den Zustand und das Potenzial der Gebäude des ehemaligen Spitals detailliert zu erheben. Die Erkenntnisse daraus dienten der Gemeinde unabhängig von diesem gemeinsamen Projekt zur weitsichtigen betrieblichen und baulichen Entwicklung des Areals.
GIH/KMA