Fulminanter Auftakt ins 18. Gstaad New Year Music Festival
29.12.2023 KulturGesangliebhaber werden auch dieses Jahr besonders auf ihre Kosten kommen. Die Hälfte der 22 Konzerte sind diesem Genre gewidmet. Ein herausragender Tenor setzte gleich zu Beginn die Messlatte sehr hoch.
ÇETIN KÖKSAL
Jonathan Tetelman wird von der internationalen Presse in den höchsten Tönen gelobt: «Der nächste Pavarotti» und viele weitere Lobpreisungen inklusive der damit verbundenen, enormen Erwartungshaltungen widerfahren dem gut 30-jährigen (Star-)Tenor. Völlig zu recht, wie das Publikum mit eigenen Ohren in der gut besetzten Kirche Rougemont feststellen durfte. Spitzentenöre sind aus verschiedenen Gründen eine «Mangelware» – ganz im Gegensatz zum weiblichen Pendant, den Sopranstimmen. Tetelman gehört definitiv in die Kategorie der Ausserordentlichen, und es ist äusserst bemerkenswert, dass er für dieses kleinere, unkonventionelle, familiär und mit viel Enthusiasmus geführte Festival gewonnen werden konnte.
Begleitet wurde er vom Pianisten Daniel Heide, der einen idealen, nicht minder bemerkenswerten Kontrast zu der Tetelman-Stimmengewalt darstellte. Seine in sich ruhenden Soli von Bach, Schubert und Händel liessen die erregten Gemüter insbesondere nach den Verdi- und Pucciniarien wieder in «flachere Gewässer» treiben. Ein reifer Musiker mit Tiefgang, der sein Können ebenso als einfühlsamer Begleiter von Tetelman unter Beweis stellte. Überraschungsgast war zudem der polnische Bass-Bariton Rafal Pawnuk, der unter anderem ein – auch im wahrsten Sinne des Wortes – stimmiges Duett mit Jonathan Tetelman aus Georges Bizets «Carmen» gab. Das Publikum würdigte alle drei Musiker mit tosendem Applaus.
Ausblick
Der Reigen grosser Stimmen findet seine Fortsetzung mit hoffentlich vielen weiteren Sternstunden. Star-Sopranistin Sonya Yoncheva tritt am Samstag, 30. Dezember in der Kirche Saanen auf. Lisette Oropesa – welche ihr Gstaader Debüt vor ein paar Jahren ebenso an diesem Festival geben durfte – wird heute ebenso international gefeiert und tritt am Dienstag, 2. Januar mit dem Bariton Ludovic Tézier und dem Pianisten Alessandro Praticò in der Kirche Rougemont auf. Sopranistin Fatma Said kommt am Freitag, 5. Januar mit Pianist Tim Allhoff nach Lauenen in die Kirche und der Bariton Erwin Schrott mit seinen Musikerkollegen und einem leidenschaftlichen Tango-Programm am Samstag, 6. Januar in die Kirche Rougemont. Die legendäre Maria Callas wird zu ihrem 100. Geburtstag ob dieser Stimmengewalt mit Freude vom Sängerinnenparadies herablächeln.
Erwähnt sollen aber auch die Konzerte der jungen Talente sein, welche einen wichtigen, festen Platz im Festivalkalender haben. Die Geigerin und Gewinnerin des diesjährigen Komponisten-Preises der Manhattan International Music Competition gibt am Freitag, 29. Dezember in Rougemont ein Solorezital zum Besten. Harfenist Parker Ramsay spielt am Dienstag, 2. Januar im Kapälli Gstaad, der Gewinner des Long-Thibaud-Preises 2022, Hyuk Lee, gibt am Mittwoch, 3. Januar ein Klavierrezital in der Kirche Lauenen und das Duo Shum, bestehend aus Lisa Strauss (Cello) und Anastasia Rizikov (Klavier) tritt am Freitag, 4. Januar in Rougemont mit einem nicht alltäglichen Programm auf.
www.gstaadnewyearmusicfestival.ch

