Berner Finanzausgleich: 20 Millionen Franken fliessen von Saanen nach Bern

  14.11.2023 Kanton, Saanen

Die Zahlen des diesjährigen Finanzausgleichs sind öffentlich: Auf Platz eins ist die Stadt Bern mit rund 51 Millionen Franken, gefolgt von Saanen mit 20 Millionen. Gemeindepräsident Toni von Grünigen würde eine Anpassung des Systems begrüssen. Allgemein solle der Kanton mehr Unterstützung bieten, denn die Gemeinde habe gewisse Zentrumslasten. Wir haben nachgefragt.

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Wer beim Berner Finanzausgleich unter den Top drei ist, erhält kein Preisgeld, im Gegenteil: Die Stadt Bern zahlt mit 51,233 Millionen Franken am meisten in diese Umverteilungskasse ein, Saanen sendet 20,134 Millionen Franken nach Bern und ist damit an zweiter Stelle. Sie gehören zu den Gebergemeinden, dies bedeutet: Sie sind diejenigen, welche finanzschwächere innerhalb des Kantons mit ihrer Einzahlung unterstützen. Es ist ein Modell, welches finanzielle Solidarität unter den Gemeinden fördern soll. Im Saanenland sind alle Gemeinden die Gebenden, denn auch Gsteig und Lauenen zahlen ein, die Nachbarn an der Lenk ebenfalls (siehe Grafik).

Systemwechsel oder neue Strategie?
Das System sorgt bei den meistgebenden Gemeinden für Unmut. Toni von Grünigen, Gemeindepräsident von Saanen, würde es begrüssen, wenn der Kanton eine Anpassung anstreben würde und Saanen damit weniger einzahlen müsste. «Mit diesem Wunsch sind wir aber chancenlos, denn es gibt zu viele Gemeinden, die Geld erhalten», sagt er auf Anfrage.

Michael Aebersold, Finanzdirektor der Stadt Bern, möchte am System zwar nichts ändern, wie er gegenüber der Zeitung «Berner Oberländer» angibt. Es sei «komplex, aber gut austariert». Allerdings hat die Zahlung der Stadt in den Finanzausgleich negative Folgen für die eigene Kasse. «Der hohe Beitrag ist einer der Gründe für das Defizit der Stadt», sagt er. Aebersold setzt sich für einen Strategiewechsel ein: Gemeinden, die mehr Zentrumslasten besitzen, sollen auch mehr Geld vom Kanton erhalten. Unter einer Zentrumslast verstehen sich die verschiedenen Dienstleistungen, die gewisse Gemeinden für ihre umliegenden Nachbarn erbringen, bezahlen oder stark mitfinanzieren, beispielsweise im Individualverkehr, in der Kultur, der allgemeinen Sicherheit oder der Sportinfrastrukturen. Die Stadt Bern erhält dafür heute zum Beispiel 61,5 Millionen Franken, wie von Grünigen angibt.

Kanton soll Saaner Zentrumslasten anerkennen
Dieser Strategiewechsel würde von Grünigen ebenfalls begrüssen, sieht jedoch ein Problem – ein spezifisches: «Der Kanton anerkennt uns nicht als Zentrumsgemeinde.» Er sei der Meinung, dass nicht nur die Städte Zentrumsfunktionen erfüllen, sondern zum Beispiel auch Saanen in der Peripherie. Seine Gemeinde finanziere in mehreren Bereichen Infrastrukturen, die den umliegenden Gemeinden zugutekommen. «Diese Zentrumslasten müssten meiner Meinung nach ebenfalls berücksichtigt werden», sagt von Grünigen. Die Gemeinde Saanen engagiert sich zur Zeit dafür, Hausärzte ins Saanenland zu holen, um hier die Grundversorgung und die Notfallversorgung sicherzustellen und stimmt über ihren Beitrag an die integrierte Gesundheitsversorgung ab. «Es kann nicht sein, dass sich der Kanton je länger, je mehr zurückzieht und immer mehr Bereiche den Gemeinden überlässt.»

Toni von Grünigen betont, dass Saanen nicht nur beim Finanzausgleich viel Geld abgeben müsse. «Der Kanton Bern hat in der Gemeinde Saanen im letzten Jahr 152 Millionen Franken an Steuergeldern generiert. Natürlich beziehen wir auch Kantonsleistungen, die uns der Kanton als Argument entgegensetzen kann, diese werden aber mit den aus Saanen generierten Geldern mehr als finanziert.»


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