Eine grossartige Solistin und begnadete Begleiterin

  22.07.2024 Kultur

Was die Geigerin und Pianistin Julia Fischer am Samstag in der Kirche Saanen darbot, war wirklich beeindruckend. Sie zeigte sich nicht nur als brillante Solistin auf zwei Instrumenten, sondern auch als einfühlsame Begleiterin innerhalb des Kammermusik-Ensembles.

LOTTE BRENNER
Die beiden Kammermusikwerke, das Streichquartett Nr. 1, e-Moll «Aus meinem Leben» von Bedrˇich Smetana und das Klavierquintett Nr. 2, A-Dur, op.81 von Antonín Dvorˇák, entsprechen dem heurigen Menuhin-Festival-Thema «Transformation» bestens. Beide Werke der tschechischen Komponisten, die sich gegenseitig wertschätzten, entstanden in den Siebzigerjahren des 19. Jahrhunderts. Es sind eigenständige Schöpfungen, denen böhmische und mährische Volkstänze zugrunde liegen und von starkem Rhythmuswechsel geprägt sind.

Ein wunderbares Ensemble
In beiden Werken spielt die Viola im permanenten Wandel der musikalischen Empfindungen eine grosse Rolle. Bei Smetana charakterisiert sie tänzerisch Freude und Lebenslust, bei Dvorˇák Wehmut. Feinfühlig und mit grossem Können gestaltete der Bratschist Nils Mönkemeyer diesen Gestaltswandel innerhalb der Fülle slawischen Gedankengutes.

Das ganze Kammermusik-Ensemble – bestehend aus Julia Fischer, Alexander Sitkovetsky und Valerie Seenken, Violine, Nils Mönkemeyer, Viola, und Benjamin Nyffenegger, Violoncello – überzeugte mit präzisem Zusammenspiel und engagiert inniger Interpretation.

Eine dankbare Rolle fiel auch dem Cello zu: Nach einer sanften Klaviereinleitung in Dvorˇáks Quintett stimmte das Cello mit einer Liedweise ein, die vom Ensemble dann freudig lebendig weiterentwickelt wurde. Auch in Smetanas Quartett kam der Cellist Benjamin Nyffenegger zum Zug, mal mit rhythmischen Akzenten durch Pizzicati, mal empfindungsvoll mit warmem, anhaltendem Ton.

Besonderen Applaus zollte das Publikum der Doppelkünstlerin Julia Fischer. Sie zeigte sich im Quartettspiel noch als tolle Geigerin, dann im Klavierquintett von Dvorˇák als ebenso technisch versierte Pianistin, die solistisch sicher sowie einfühlsam begleitend zu spielen versteht.

Freude und Wehmut
Bei Dvorˇák schwingt die Glückseligkeit obenaus. In seinem Klavierquintett steigert er – unterbrochen durch einen süssen Traum (Dumka-Andante con moto) und gelegentlichen Moll-Tönen – die frohe Grundstimmung bis zum lebensbejahenden Finale.

Anders die Empfindungen im Quartett von Smetana: Zwar beginnt das Werk tanzfreudig, in Anlehnung an die erste Liebe, doch machen sich dann erste Erkenntnisse der Taubheit des Meisters bemerkbar, die dann in Wehmut und Resignation umschlagen. Im Finale gibt er sich jedoch wieder lustbarem Jubel und tänzerischer Freude hin, die jedoch, seines Schicksals bewusst, jäh unterbrochen wird. Das Quartett erlischt schmerzlich.

Das Konzert war eine Reise voller wechselnder Stimmungen und Empfindungen, die im Freudentaumel von Dvorˇáks Klavierquintett überschwänglich endete. So krönte – virtuos präzis gespielt – das prächtige, jubelnde Finale die slawische Gefühlswelt.

 


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