Musizieren mit den ganz Grossen
02.09.2024 KulturWann kommt man schon mal dazu, mit den Musikerinnen und Musikern vom London Symphony Orchestra zusammenzutreffen? Wenn man beim Discovery-Programm des Gstaad Menuhin Festivals & Academy dabei ist. Am Samstag musizierten Kinder und Jugendliche an der Seite von vier Mitgliedern des ...
Wann kommt man schon mal dazu, mit den Musikerinnen und Musikern vom London Symphony Orchestra zusammenzutreffen? Wenn man beim Discovery-Programm des Gstaad Menuhin Festivals & Academy dabei ist. Am Samstag musizierten Kinder und Jugendliche an der Seite von vier Mitgliedern des besagten Orchesters im Jugendzentrum Oeyetli.
JENNY STERCHI
Haben die Musiker eines so berühmten Orchesters überhaupt Zeit?
Sie nahmen sie sich. Am Samstagmorgen um 10 Uhr starteten sie mit einer Gruppe Kinder und Jugendlicher aus Château-d’Oex, dem Saanenland und dem Obersimmental. Vier Stunden lang arbeiteten sie daran, mit den Kindern die Suite «Die Planeten» von Gustav Holst zu erarbeiten und in einer stark verkürzten Variation zu präsentieren. Nach dem die Orchestermitglieder diese gemeinsam mit den Kindern und Erwachsenen am Nachmittag präsentiert hatten, durften die Musikerinnen und Musiker in die wohlverdiente Pause. Die es auch dringend brauchte, denn am Abend waren sie dann auf der Bühne im Festivalzelt zu erleben – inmitten ihrer Orchesterkolleg:innen. Dort wurde neben der Ouvertüre aus der Oper «Benvenuto Cellini» von Berlioz und Richard Strauss’ «Burleske» auch Holsts Suite «Die Planeten» in voller Länge und Schönheit zum Besten gegeben.
Wer war dabei?
Auch einige Erwachsene liessen sich für das gemeinsame Musizieren begeistern. Die Kinder aus Châteaux-d’Oex waren mit ihrer Lehrerin gekommen, die ihre Klasse zur Teilnahme an diesem Angebot angeregt hatte. «Ein wenig schade, dass wie nicht mehr Kinder für diese einmalige Chance gewinnen konnten», resümierten sie und Lana Zickgraf, Projektkoordinatorin Discovery, am Ende der Veranstaltung. Ausserdem kümmerten sich Rachel Leach, Miya Väisänen, Paul Milner und Sam Walton – allesamt Mitglieder des London Symphony Orchestras – rührend um die jungen Teilnehmenden.
Wer waren diese Musikerinnen und Musiker?
Angeleitet wurden die Teilnehmenden durch Rachel Leach, die als Animateurin und Musikvermittlerin in Diensten mehrerer bekannter Orchester steht. So auch für das London Symphony Orchestra bei dem sie als Bindeglied zwischen denen, die klassische Musik spielen und jenen, die dafür begeistert werden möchten, figuriert. Daneben ist sie auch noch als Komponistin tätig. Miya Väisänen spielt seit 2005 die zweite Geige im Orchester und führte das kleine Laienensemble melodisch durch die Kurzfassung der Suite. Paul Milner, seit 2007 als Posaunist in den Diensten des Londoner Orchesters, führte nicht nur den einzelnen jungen Trompeter durch die kindgerechte Variation, sondern gab auch den beiden Kindern an den Xylofonen ihre Einsätze. Eine wesentliche Rolle spiele Sam Walton, der seit 2012 als Perkussionist in die Orchesterreihen gehört.
Musste man ein Instrument spielen können, um aktiv dabei zu sein?
Nein, keineswegs. Im Programm wurde ausdrücklich betont, dass es weder musikalischer Vorbildung noch des Beherrschens eines Musikinstrumentes bedürfe, um bei diesem Angebot dabei zu sein. Im grossen Kreis organisiert und ausgestattet mit allerlei Schlagwerken wie Tamburin und Xylofonen, Klanghölzern und kleinen Trommeln, nahmen sie das Staccato des ersten Satzes, in dem der Mars vertont wird, auf.
Wurde nach Noten gespielt?
Die Partitur sah etwas unkonventionell, aber sehr unterhaltsam aus. Drei grosse Papierbögen lagen den Musizierenden zu Füssen. Darauf waren weder Noten noch Takte zu finden, vielmehr die Einsätze der spontan bestimmten Dirigenten, die Wechsel in der Lautstärke mit grossen, unübersehbaren Dreiecken und die Vornamen derer, auf die es bei den Taktwechseln zu hören galt. Am Samstagmorgen gab es statt Notenköpfen verschiedene, einfach geformte Figuren – ein sich selbst erklärendes Notenblatt.
Konnte sich das Ergebnis hören lassen?
Die Eltern der teilnehmenden Kinder waren eingeladen, das Ergebnis der Anstrengungen vom Vormittag zu erleben. Amüsant, aber zugleich beeindruckend war das Zusammenspiel der Kinder und Jugendlichen nach nur drei Stunden gemeinsamen Übens. Rachel Leach, ganz Animateurin, kündigte vollmundig die Weltpremiere dieser «Planeten»-Variation an. In den Publikumsreihen wurde geklatscht und gestaunt.