Schweizer räumen an der Koch-WM ab
05.12.2022 Hotellerie / GastronomieAn der Koch-Weltmeisterschaft in Luxemburg hat die Schweiz Geschichte geschrieben: Die Schweiz gewinnt alle Mannschaftswettbewerbe und den WM-Titel für das beste Schaustück. Die Schweizer Kochnationalmannschaft und auch die Junioren haben mit Teammanager Tobia Ciarulli aus ...
An der Koch-Weltmeisterschaft in Luxemburg hat die Schweiz Geschichte geschrieben: Die Schweiz gewinnt alle Mannschaftswettbewerbe und den WM-Titel für das beste Schaustück. Die Schweizer Kochnationalmannschaft und auch die Junioren haben mit Teammanager Tobia Ciarulli aus Schönried auf ganzer Linie überzeugt. Wir haben mit ihm über das Erlebnis gesprochen.
Welch ein Coup: Nicht die favorisierten Nationalmannschaften aus Norwegen und Schweden, sondern die Schweizer Kochnationalmannschaft und die Schweizer Junioren-Kochnationalmannschaft haben sich den Weltmeister-Titel in Luxemburg geschnappt. Wie die Berufsorganisation Hotel & Gastro Union in einer Medienmitteilung schreibt, kannte der Jubel der Mannschaft, des Coachingteams und der mitgereisten Fans an der Siegerehrung keine Grenzen. Den Grundstein für den Erfolg legte das Team vor einer Woche, als die Schweizer Nationalmannschaft im Programm Chef’s Table brillierte. Dabei bereitete sie unter anderem Fingerfood, eine kalte Schauplatte, einen veganen Zwischengang, einen Hauptgang, ein Dessert, Petits Fours sowie ein Schaustück aus Schokolade für insgesamt zehn Gäste und zwei Juroren zu. Für dieses Programm wurden die Schweizer mit Gold belohnt. Gold gab es dann auch im zweiten Programm Hot Kitchen, bei dem die Mannschaft ein Dreigangmenü für 110 Personen zubereitete. Zum Verständnis: Gold verteilt die Jury für 90 bis 100 erreichte Punkte. Je höher die Punktzahl, desto höher sind die Chancen, gegenüber anderen Gold-Mannschaften im Gesamtranking besser abzuschneiden. Neben der Nationalmannschaft konnte auch die Schweizer Junioren-Nationalmannschaft ihr Können auf den Punkt abrufen. Das Team wurde vor vier Jahren Vize-Weltmeister und gewann nun den WM-Titel bei den Junioren – ebenfalls mit zweimal Gold im Programm Chef’s Table und Hot Kitchen.
Das i-Tüpfelchen auf den Schweizer Sieg setzte noch Natimitglied Jorge Cardoso aus dem Kanton Freiburg: Er gewann für sein Schoggi-Kunstwerk die Einzelkategorie Schaustück.
Wettschulden eingelöst
Vor sieben Jahren ist Tobia Ciarulli aus Schönried die neu geschaffene Stelle des Teammanagers angetreten. Seine Aufgabe: Die Betreuung der beiden Mannschaften, die Planung und Logistik der Einsätze und Wettbewerbe, Synergien nutzen und Trends nachgehen aber auch das Scouting von neuen Talenten. «Meine Ideen fanden nicht bei allen Leuten Anklang. Aber ich war nicht aufzuhalten, ich war wie eine Lokomotive und ging meinen Weg», erzählt Ciarulli bei einem Treffen. Es seien intensive Jahre des Aufbaus gewesen. Von null auf 100 habe er mit seinem Team alles aufgebaut, der Prozess habe viel Energie in Anspruch genommen. Doch das Ergebnis lässt sich zeigen: Beide Nationalteams haben an der Weltmeisterschaft abgeräumt. Und Ciarulli musste seine Wettschuld einlösen: «Ich habe gewettet, dass ich einen Millimeterhaarschnitt machen lasse, sollten wir gewinnen.» Er streicht sich mit der Hand über die kurzen Haare und fügt lachend hinzu: «Nach der Rangverkündigung gingen wir ins Hotelzimmer und ein Teammitglied rasierte mir den Kopf.»
Mit einem guten Teamgeist im Gepäck
Der Weg zum Sieg war intensiv: In den vergangenen zwei Jahren hat jedes Team rund zehn Mal zusammen trainiert und an Eins-zu-Eins-Testläufen mit 110 respektive 70 Personen sich stetig verbessert. Nach jedem Training übten die Teammitglieder fleissig zuhause weiter, beim nächsten Treffen mussten sie ihre Fortschritte zeigen, wie Tobia Ciarulli erklärt. Die Coaches haben jeweils für jeden Gang eine Basis vorgegeben – beispielsweise die Art Fleisch, Gemüse und die Gewürzrichtung – das finale Ergebnis war aber eine Zusammenarbeit aller Teammitglieder. «Sie haben viel kreativ gearbeitet, aber der Hauptfokus lag auf der Perfektion», so Ciarulli. Zudem wurde jede Form für spezielle Gerichte – sei es aus Silikon oder aus dem 3D-Drucker – selbst entwickelt. «Jede Form ist ein Unikat.»
Die Herausforderung war die Teambildung beider Mannschaften. «Sie kommen als Einzelkämpfer an und müssen nun alles gemeinsam bewältigen. Sie haben die Aufgabe aber bravourös gemeistert und konnten auf den Punkt liefern, auch war ein mitreissender Spirit spürbar», erklärt Ciarulli. An der Weltmeisterschaft selbst begegneten sie einer weiteren Herausforderung: An einem Tag mussten beide Teams gleichzeitig antreten. «Wir mussten deshalb alles doppelt nach Luxemburg transportieren.» Das heisst: Ein bis oben hin gefüllter Lastwagen, ein zusätzlicher kleiner Camion, zwei Busse und zwei Autos fuhren mit 30 Personen im Konvoi zur Weltmeisterschaft.
Weitere Schweizer Erfolge
An der Weltmeisterschaft haben nicht nur die Nationalmannschaften brilliert. Es gab auch eine Überraschung im Wettbewerb der Regionalmannschaften, bei dem die Schweiz die ersten drei Plätze belegte: Gesamtsieg für den Cercle des Chefs de Cuisine Lucerne (CCCL), Platz zwei für den Cercle des Chefs de Cuisine Berne (CCCB) und Rang drei für das Ostschweizer Team Culinary Creators. Sieg für die Schweiz auch im Wettbewerb der Kategorie Community-Catering: Der Titel ging an das Team Luzerner Kantonsspital (LUKS) & Spital Linth. Die ebenfalls in diesem Wettbewerb gestartete Mannschaft Swiss Armed Forces Culinary Team erkochte sich eine Silbermedaille und platzierte sich in der Endabrechnung auf dem vierten Platz.
Laut Reto Walther, Geschäftsführer des Schweizer Kochverbands, sei das Ergebnis einmalig in der Geschichte der Schweizer Auftritte an Weltmeisterschaften und Olympiaden. «Die Teams tanzen durch Luxemburg und feiern wie wild. Was die Köchinnen und Köche, ihre Helfer und die Coaches im Vorfeld der WM und jetzt in Luxemburg geleistet haben, ist grandios und zeigt, dass das Schweizer Kochhandwerk weltführend ist.»
PD/JOCELYNE PAGE