Der Saaner Mountainbike-Pionier
26.09.2024 SerieObschon Arthur Reuteler ursprünglich Automechaniker gelernt hatte, schlug sein Herz seit jeher für Fahrräder. Das Mountainbike hat es ihm besonders angetan und als Mitinitiant des ersten Mountainbikerennens im Saanenland schrieb er sogar Lokalgeschichte.
...Obschon Arthur Reuteler ursprünglich Automechaniker gelernt hatte, schlug sein Herz seit jeher für Fahrräder. Das Mountainbike hat es ihm besonders angetan und als Mitinitiant des ersten Mountainbikerennens im Saanenland schrieb er sogar Lokalgeschichte.
KEREM S. MAURER
«Das Velo ist ein ideales Fortbewegungsmittel, schneller als zu Fuss, man kann anhalten, wo man will und die Natur wahrnehmen. Velofahren hat für mich eine grosse Faszination und löst Glücksgefühle aus!» Das ist nicht der Werbetext eines Veloverkäufers, sondern Arthur Reutelers in Wort gefasste Begeisterung fürs Fahrradfahren. Obschon der in der Bissen geborene Gstaader Automechaniker gelernt hatte, wusste er irgendwie schon als Zehnjähriger, dass er eines Tages ein Velogeschäft führen wird. Und als Fritz Bürki, dem Arthur Reuteler schon als Kind beim Veloflicken oft und gerne über die Schulter geschaut hatte, ihn im Jahr 1985 fragte, ob er seine Werkstatt übernehmen wolle, brauchte Arthur Reuteler nicht lange zu überlegen. «Natürlich war ich interessiert, denn für mich stand nach der Lehre fest, dass ich mich beruflich weiterentwickeln will», erinnert sich Reuteler, der allerdings just in diesem Jahr eine längere USA-Reise geplant hatte. Fritz Bürki riet ihm trotz der Übernahmepläne diese anzutreten, weil er nach der Geschäftsübernahme kaum noch dazu kommen würde.
Mountainbikes versprachen ein neuartiges Velogefühl
In Amerika kam Arthur Reuteler erstmals mit den damals neuartigen Mountainbikes in Berührung. «Mit Kollegen waren wir mit Mountainbikes am Lake Taho unterwegs», erzählt er. Da habe er sofort gewusst: «Mountainbikes haben eine grosse Zukunft, obwohl man damals noch der Meinung war, das Rennvelo sei das Mass aller Dinge.» Natürlich sei ihm die Affinität zum Rennvelo nie abhandengekommen, schliesslich sei man damit noch schneller unterwegs. Aber die nahezu unbeschränkten Einsatzmöglichkeiten der Mountainbikes, mit denen man auch technisch anspruchsvolle Wege befahren kann, versprachen ein völlig neuartiges Velogefühl. Und plötzlich findet man sich mit Wanderern zusammen auf denselben Wegen. «Es ist unbestritten herausfordernd, wenn Wanderer und Biker dieselben Wege nutzen», räumt er ein, aber: «Wenn man miteinander redet und zusammenarbeitet, ist vieles möglich.» Zudem verlange das Gesetz, dass jedes Vehikel auf unübersichtlichen Abschnitten auf halber Sichtlänge anhalten könne. Dies gelte auch für Velos. «Man muss ja nicht wie ein Verrückter durch unübersichtliche Kurven rasen!», sagt Reuteler.
Erstes Mountainbikerennen signalisierte den Anfang des Bikesports
Apropos rasen wie die Verrückten: Arthur Reuteler hat selbst nie wettkampfmässig an Velo- oder Mountainbikerennen teilgenommen, höchstens mal spasseshalber an Volksvelorennen. Aber: «Zusammen mit Jürg Neuenschwander und Daniel Matti haben wir hobbymässig das erste Mountainbikerennen im Saanenland organisiert», berichtet er. Dieses fand 1986 statt und führte auf den «Cholisgrind» – aber von dort nicht mehr herunter. «Der ‹Cholisgrind› ist sehr stotzig, wir hielten eine Abfahrt für zu gefährlich und wollten diese Verantwortung nicht tragen», erklärt der Velofan und ergänzt, dass 1986 nicht die ganze Strecke befahren werden konnte. Heute gebe es allerdings gut Trainierte, die ohne Unterstützung hochfahren würden. Das erste Mountainbikerennen im Saanenland dürfe als Anfang des Bikesports in der Region bezeichnet werden, betont Reuteler. «Zu Beginn hatten wir mehr Helfer als Teilnehmer. Dann entwickelte sich die Sache mit der Zeit stetig.» Es kam in der Folge immerhin zu den Finals der Schweizermeisterschaften 1991 in Saanen und später zur Weltmeisterschaft in Châteaud’Oex. Danach versandeten diese Aktivitäten in der Region, weil auch Château-d’Oex mit den gleichen Herausforderungen zu kämpfen hatte wie das Saanenland. Neben dem ersten Mountainbikerennen hatte die eingeschworene Truppe um Arthur Reuteler noch viele andere Ideen, die aber nicht weiterverfolgt wurden. «Die Bikes wurden zwar auf allen Ebenen weiterentwickelt, doch wir haben es damals verpasst, die Bikewege zu verfeinern. Wir waren für mein Empfinden mit unseren Ideen fast ein wenig zu früh dran.»
Nicht überall frei bewegen
Andere Destinationen hätten sich stärker auf das Velo fokussiert, findet Reuteler. Im Gegensatz dazu sei das Velo im Saanenland sportlich gesehen immer eher breitensportmässig betrieben worden. Schön sei, dass es immer wieder veloaffine Leute gegeben habe, die sich sehr stark für das Fahrrad eingesetzt hätten. Heute gebe es immerhin einige Radsportanlässe wie der Proffix Swiss Bike Cup Gstaad, La Reine, der Bergkönig – den es hier jetzt allerdings nicht mehr gibt – und die Gstaad Velo Classic. «Wir sind hier keine typische Veloregion, aber das ist auch gut so», findet Reuteler und fügt hinzu: «Man muss eines klar sehen: Als Mountainbiker fahren wir den Landeigentümern durch den Garten. Biker:innen dürfen sich auf Alpweiden nicht nach Lust und Laune bewegen, man muss sie geschickt kanalisieren.»
Es braucht Respekt
Arthur Reutelers Herz brennt immer noch für den Mountainbikesport. Er schwingt sich wöchentlich mindestens zweimal zusammen mit seiner Frau Beatrice für mehrere Stunden aufs Bike. «An den Olympischen Spielen von Paris war es das erste Mal seit Jahrzehnten, dass die Schweizer Mountainbiker:innen keine Medaillen geholt haben», bedauert er. Die Spitze sei näher zusammengerückt. Auch sonst ist und bleibt Reuteler dem Radfahren eng verbunden. Nicht zuletzt als OK-Mitglied bei der Gstaad Velo Classic, «einem gemütlichen und überschaubaren Anlass, der das Velofahren zelebriert», sagt der Mann, der sich noch genau an sein erstes Mountainbike erinnert. «Das war ein Mountainbike der japanischen Marke Kuwahara».
Die Entwicklung der «Velosache» in der Region sei ein «Zusammenwirken verschiedener Kräfte» gewesen, meint Reuteler. Das Bikerherz habe hierzulande immer kämpfen müssen. Doch dies sei nicht erstaunlich, schliesslich wolle man fremden Leuten übers Terrain fahren. Arthur Reuteler ist überzeugt: «Mit dem nötigen Respekt kann man sicher viel erreichen.» Ausserdem lasse sich mit der angenommenen Veloinitiative auch im ländlichen Raum viel für die Weiterentwicklung des Biketourismus realisieren.
«REIN IN DIE PEDALE»
Wir haben sie aufgespürt, die absoluten Velo-Freaks des Saanenlandes. Die ohne Velo nicht leben können, beruflich oder privat.
In unserer Serie berichten sie uns über ihre Leidenschaft auf zwei Rädern. Also, auf gehts, in die Pedale – fertig – los!
ZUR PERSON
Der 1960 geborene Arthur Reuteler ist mit Beatrice Reuteler verheiratet, gemeinsam haben sie zwei Kinder, die auch gerne – aber nicht wettkampfmässig – mit dem Fahrrad unterwegs sind. 1986 hat Arthur Reuteler die Velowerkstatt von Fritz Bürki übernommen und führt das Geschäft mit dem Namen Bike Sport Reuteler bis auf den heutigen Tag zusammen mit seiner Frau. Im Jahr 2015 installierte er die erste Bikeladestation von Bike Energy im Saanenland. Bis heute ist Arthur Reuteler oft und gerne auf einem Fahrrad unterwegs. Egal, ob mit einem Rennvelo, einem Mountainbike oder auch mit einem E-Bike.
KMA