Opernspektakel von Kindern für Kinder
30.08.2024 GstaadBunt, heiter, witzig, romantisch und dann doch noch ein bisschen dramatisch war das diesjährige Kinder- und Familienkonzert im Rahmen des Gstaad Menuhin Festivals. Ein halbes Jahr lang arbeiteten die Verantwortlichen mit rund 40 Kindern und Jugendlichen aus dem Saanenland daran, die Oper ...
Bunt, heiter, witzig, romantisch und dann doch noch ein bisschen dramatisch war das diesjährige Kinder- und Familienkonzert im Rahmen des Gstaad Menuhin Festivals. Ein halbes Jahr lang arbeiteten die Verantwortlichen mit rund 40 Kindern und Jugendlichen aus dem Saanenland daran, die Oper «Carmen» bühnenreif einzustudieren. Und das gelungene Ergebnis war am Sonntag zu sehen und zu hören.
(FOTO: RAPHAEL FAUX/GSTAADPHOTOGRAPHY.COM)
«Carmen» ohne Tragödie
Mit der Oper «Carmen» kam ein Stück voller Farbe und Bewegung auf die Bühne des Gstaader Festivalzelts. Verpackt als Familienkonzert brachten die rund 30 jungen Akteurinnen und Akteure vor und hinter den Kulissen die Oper auf die Bühne.
JENNY STERCHI
Eine Klassikliebhaberin der nächsten Generation stand am Sonntagnachmittag erwartungsvoll auf dem Parkplatz vor dem Gstaader Festivalzelt. Die Freude auf das diesjährige Familienkonzert, das die Oper «Carmen» von Georges Bizet versprach, liess sie kaum mehr still stehen. Stilsicher in ein rotes Paillettenkleid gehüllt und mit kunstvoller Frisur, winkte sie ungeduldig ihren Vater heran.
Festivaltradition
Sehr viele Zuschauerinnen und Zuschauer waren für das zur Tradition gewordene Kinder- und Familienkonzert gekommen. Seit 2002 organisiert das Gstaad Menuhin Festival & Academy alle zwei Jahre diesen Konzertnachmittag, an dem zum grössten Teil einheimische Kinder und Jugendliche mitwirken. Genau so lange sind Margrith Gimmel-Dauwalder und ihr Mann Jacques mit den Inszenierungen und der Regie dieser Konzerte beschäftigt. Seit einiger Zeit werden sie von ihrer Tochter Fiona unterstützt. Sie begeistern die kleinen und grösseren Protagonist:innen für das Stück, sorgen für eine kindgerechte Aufbereitung der Inhalte und mit Leidenschaft und Empathie dafür, dass das temporäre Ensemble auf der Bühne brilliert. Die Kulissen und Requisiten, die jeweils in Jacques Gimmels Werkstatt entstehen, sind schon für sich alleine echte Kunstwerke.
Schweres leicht gemacht
Gerade die Oper «Carmen» ist im original ziemlich brutal, fällt doch die Titelfigur einem Mord aus Eifersucht zum Opfer. Am Sonntag stand Carmen bis zum letzten Ton auf der Bühne und freute sich ihres Lebens. Jede Inszenierung ist eine Auslegungssache eines Originalstücks. Und so stand Carmens Wunsch nach Freiheit im Zentrum der Aufführung. Neben ihr gab es auch Bösewichte wie die Schmuggler. Escamillo, in der ursprünglichen Fassung ein Matador mit Geltungsdrang, wurde kurzerhand in einen Zirkusdirektor, der um sein Programm besorgt und immer auf der Suche nach neuen Attraktionen war, umgewandelt. Und weil er Carmen besitzen und ihr die Freiheit rauben wollte, wurde er am Ende bestraft, aber weder blutrünstig noch tragisch.
…und Musik
Die musikalische Leitung hatte Roumen Kroumov. Er war es auch, der die Musik für den Konzertnachmittag bearbeitet und zusammengestellt hatte. Gemeinsam mit einem Ensemble des Gstaad Festival Orchestras untermalte er das farbenfrohe Theater auf der Bühne mit Musik aus dem Originalwerk. Abgelenkt von den vielen Dingen, die schauspielerisch präsentiert wurden, vergass der geneigte Zuschauende mitunter, dass es live gespielte Musik war. Wunderbar angepasst an das Bühnengeschehen und virtuos gespielt fanden die Melodien den Weg in die kleinen und grossen Ohren der Besucherinnen und Besucher.
Nicht aus der Mode
Über eine Stunde lang bekam das Publikum die Geschichte von «Carmen» in den prächtigsten Farben und den tollsten Kostümen erzählt. Dank Xenia Stucki, die die Choreografien entwickelt und mit den Kindern einstudiert hatte, wusste jedes Kind, wohin es als nächstes tanzen sollte. Das Ensemble von rund 40 Kindern aus dem Saanenland, die auf der Bühne standen, dahinter beim Organisieren halfen oder die Bühnentechnik in ihren Händen hatten, lieferte ein Opernspektakel, das 1875 in Paris uraufgeführt und fast 250 Jahre leicht verständlich und niemals langweilig präsentiert wurde. Und während andere lang und breit über Inklusion reden, wird es am Kinder- und Familienkonzert einfach gemacht.
Heute ist das Kinder und Familienkonzert Teil des Musikvermittlungsprogramms Discovery, dass jungen Menschen den Zugang zur klassischen Musik eröffnen möchte und dank grosszügiger Sponsoren für alle Kinder und Jugendlichen zur Verfügung steht.