Löst sich die Kirche auf?
28.03.2025 KircheLetzthin habe ich auf ref.ch einen Artikel des Journalisten Tobias Haberl gelesen, der den Titel trug: «Teil sein von etwas, das sich auflöst». Es ging um die Kirche. Die Aussage hat mich persönlich sehr betroffen gemacht und viele Fragen über mich, meinen Beruf und die ...
Letzthin habe ich auf ref.ch einen Artikel des Journalisten Tobias Haberl gelesen, der den Titel trug: «Teil sein von etwas, das sich auflöst». Es ging um die Kirche. Die Aussage hat mich persönlich sehr betroffen gemacht und viele Fragen über mich, meinen Beruf und die Institution, für die ich tätig bin, aufgeworfen:
Bin ich Teil von etwas das sich auflöst? Bin ich als Pfarrerin ein Auslaufmodell? Und falls ja: Wozu habe ich denn in fortgeschrittenem Alter noch diese aufwendige Ausbildung gemacht? Wenn der Kirche, für die ich mich einsetze, nun die Mitglieder scharenweise davon laufen – woran liegt das? Arbeiten wir an den Menschen vorbei oder zu wenig zielgruppenorientiert?
Sie sehen, liebe Leserin, lieber Leser, der Artikel hat einiges in mir ausgelöst. Sicher, Tobias Haberl ist anders religiös beheimatet als ich. Er stammt aus dem katholischen München und trauert alten Zeiten der Religiosität auf dem Land in der katholischen Kirche nach (Jahrgang 75 notabene – ein Jahr jünger als ich). Im Interview erzählt er, dass inzwischen ein Satz genüge («Ich bin katholisch»), um bei einem Abendessen unter Medienmenschen den kompletten Tisch gegen sich zu haben. Nach Haberls Beobachtung wird das Thema Religion bei solchen Abendessen nicht bewusst ausgeklammert: «Es interessiert einfach niemanden.»
Diese und andere Aussagen haben mich dann doch eher befremdet. Leben wir in der Schweiz und besonders im Saanenland in einem ganz anderen Umfeld? Ich erlebe die Menschen hier als sehr offen und fragend, wenn sie beim ersten Kennenlernen merken, dass eine Theologin mit am Tisch sitzt. Schon ganz viele tiefe Gespräche haben sich daraus ergeben – bereichernde und wertschätzende Gespräche. Mit Menschen, die sich dafür interessieren, was ich tagtäglich in der Gemeinde erlebe. Sicher, schon öfter hat es mir dann im Verlaufe des Gesprächs die Sprache verschlagen, wenn mein Gegenüber mir ganz unverblümt erklärte: «Weisst du, ich finde es sehr spannend und wichtig, was du machst. Auch wenn ich schon lange ausgetreten bin.» So unverblümt spreche ich niemandem seine berufliche Daseinsberechtigung ab. Aber wahrscheinlich sind sie sich gar nicht bewusst, dass jeder Kirchenaustritt in meiner Kirchgemeinde eine direkte Auswirkung auf meinen Anstellungsgrad hat…
Aber was ist es denn, was die Leute zum Austritt bewegt? Meines Erachtens kann es eigentlich nicht die Höhe der Kirchensteuer sein – wenn man diese auf die Kosten pro Monat herunterbricht, sollten sie eigentlich zu verkraften sein. Was ist es denn? Sehen die Menschen nicht, was wir leisten? Im Sinne von: «Das Gottesdienstangebot am Sonntag nutze ich nicht, also zahle ich nicht dafür!»? Dabei kann man auf jeder Homepage einer Kirchgemeinde sehen, wie viel mehr als Gottesdienste eine Kirchgemeinde bietet: von kirchlicher Unterweisung (das wichtige Allgemeinbildung in Sachen Kultur und Tradition unseres Landes vermittelt), Kinder- und Jugendarbeit mit Cevi, Lagern etc., Gemeindeferien, Seniorenferien, kulturelle Nachmittage, Seelsorge in allen Lebenslagen u.v.m.
Hinzu kommt der Unterhalt und die Pflege unserer schönen Kirchengebäude, damit darin unter anderem Menuhinkonzerte und Gemeindeversammlungen stattfinden können…
Kommen wir zurück zur Anfangsfrage: Löst sich die Kirche auf?
Nein! Ich bin davon überzeugt, dass sich die Kirche nicht auflöst. Wir brauchen einander. Wir brauchen die Gemeinschaft. Wir stehen uns zur Seite und füllen die Kirche – in den schönen und in den schweren Momenten im Laufe unseres Lebens. Wir haben es nötig zu spüren, dass andere an uns denken (und für uns beten). Und wir brauchen auch von Zeit zu Zeit die Möglichkeit, gemeinsam in irgendeiner Form Spiritualität zu leben.
Nein! Ich denke nicht, dass sich die Kirche auflöst. Und mal ehrlich: Es hat die Kirche lange vor unserer modernen Zeit gegeben und es wird sie lange nach uns auch noch geben. Denn der Mensch ist ein spirituelles Wesen und es macht den Menschen aus, dass er Verbindung zum Göttlichen sucht. Gemeinsam mit anderen.
Wovon ich aber auch überzeugt bin, ist, dass die Kirche sich verändern wird. Mit den Menschen, die sie prägen. Und darum ist es wichtig, dass die Austrittswilligen sich nicht überlegen «ich brauche den Sonntagsgottesdienst nicht», sondern: «Was würde eine Kirche, für die ich meinen Obolus zahle, ausmachen?» Dann heisst es nämlich: aktiv werden! Zum Beispiel als Mitglied im Kirchgemeinderat oder sonst wie in freiwilliger Arbeit (die Kirche hat die grösste Schar an Freiwilligen, die sich für die unterschiedlichsten Menschen einer Gesellschaft einsetzen) und diese Kirche bauen! Eine Kirche, wie wir sie haben möchten!
Denn wir alle sind Kirche.
Wir alle brauchen einander. Wir alle sind aufeinander angewiesen – gerade in den Grenzmomenten des Lebens!
Deshalb: Stehen wir zusammen und lassen wir nicht zu, dass so etwas Verbindendes und Wichtiges wie unsere Kirche sich auflöst.
Wir alle tragen dafür Verantwortung!
IHRE MARIANNE KELLENBERGER
P.S.: Und dass wir ein Land geprägt von christlichen Grundwerten sind, die wir nicht zu billig geben sollten, davon will ich gar nicht erst anfangen…
KIRCHGEMEINDE SAANEN-GSTEIG : EINGEGANGENE KOLLEKTEN IM FEBRUAR
2.2. Gottesdienst Gsteig, Reformierte Kirchen Bern-Jura-Solothurn, Bern, für Kirchensonntag Fr. 434.36
9.2. Gottesdienst Gstaad, Ref. Kirchen Bern-Jura-Solothurn, Bern, für Schweizer Kirchen im Ausland Fr. 331.84
9.2. Gottesdienst Abländschen, Ref. Kirchen Bern-Jura-Solothurn, Bern, für Schweizer Kirchen im Ausland Fr. 62.70
16.2. Gottesdienst Saanen, Winterhilfe Schweiz Fr. 116.90
16.2. Gottesdienst Gsteig, Winterhilfe Schweiz Fr. 83.55
21.2. Jugendgottesdienst Kirchgemeindehaus Gstaad Stiftung Kinderhilfe Sternschnuppe Fr. 166.50
23.2. Gottesdienst Saanen, Landeskirchliche Stellenvermittlung des Kt. BE, Sektion Oberland, Thun Fr. 513.65
Total Fr. 1709.50