Hoffnung herrscht
26.07.2024 KolumneWas sich politisch in den vergangenen Tagen in den USA abgespielt hat, ist zunächst besorgniserregend. Anlässlich einer Wahlkampfveranstaltung der Republikaner in der kleinen Stadt Butler im US-Bundesstaat Pennsylvania ist auf Ex-Präsident Donald Trump ein Attentat verübt ...
Was sich politisch in den vergangenen Tagen in den USA abgespielt hat, ist zunächst besorgniserregend. Anlässlich einer Wahlkampfveranstaltung der Republikaner in der kleinen Stadt Butler im US-Bundesstaat Pennsylvania ist auf Ex-Präsident Donald Trump ein Attentat verübt worden. Trump begann eben mit seiner Rede, als kurz nach 18 Uhr Ortszeit plötzlich vier Schüsse fielen. Trump ging sofort hinter dem Rednerpult in Deckung. Sicherheitsbeamte ringten ihn ab, viele Teilnehmer schrien und warfen sich zu Boden.
Trump, umringt von Beamten, erhob sich wieder. Sein rechtes Ohr blutete. Da ertönten Rufe wie «Runter, runter», bevor zwei weitere Schüsse fielen. Zusätzliche Sicherheitsbeamte eilten zur Rednerbühne. Nach ein paar Sekunden stand Trump auf und reckte kämpferisch seine Faust in die Höhe. Die Menge jubelte und Trump rief seinen Millionen von Anhängern zu: «Jetzt erst recht: Kämpft!» Während er von der Bühne geleitet wurde, skandierten die Zuschauer «USA, USA!». Der 20-jährige Attentäter aus Pennsylvania wurde kurz nach der Schiesserei von den Sicherheitskräften getötet. Dabei starb auch ein Zuschauer und zwei weitere wurden schwer verletzt.
Es scheint, dass nun Trump, gerade auch als Präsidentschaftskandidat, noch viel mehr Zulauf bekommen wird. Denn im Wahlkampf – und selbst, wenn er natürlich den Attentatsversuch nicht selbst inszeniert hatte – konnte ihm wirklich nichts Besseres passieren. Bei seinen Veranstaltungen werden Andrang, Popularität, Klamauk sowie Jubel, Trubel und Heiterkeit wachsen. Trumps beinahe gewaltige Figur trägt das ihre dazu bei. Wahrscheinlich ist Donald Trump denn auch ein mächtiger Mann, der sein Überleben weder dem Zufall, noch der Polizei und schon gar nicht dem Geheimdienst zu verdanken hat, sondern allein dem Herrgott im Himmel.
Wenn man in den vergangenen Tagen nach dem versuchten Attentat auf Trump da und dort in den Medien auf den Kopf Adolf Hitlers stiess, so hatte dies ebenfalls mit einem gescheiterten Attentat zu tun. Denn vor 80 Jahren, am 20. Juli 1944, versuchte ein Berufsoffizier in der deutschen Wehrmacht, Oberst Claus Graf Schenk von Stauffenberg, bei einer Lagebesprechung im Führerhauptquartier im ostpreussischen Rastenburg, Adolf Hitler umzubringen. In einer Aktentasche hatte Stauffenberg eine Bombe mitgebracht. Er stellte die Tasche unter den Eichenholztisch, in die Nähe des Diktators. Dann verliess Stauffenberg unter einem Vorwand gleich wieder die Lagebaracke – um der Explosion zu entgehen. Er flog sofort nach Berlin zurück im Glauben, Hitler sei tot. Doch die schwere Tischplatte hatte dem Führer das Leben gerettet.
Eigentlich haben die beiden Attentatsversuche nichts miteinander gemeinsam. Denn der Diktator und Massenmörder A.H. ist in nichts mit dem 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten vergleichbar. Trotzdem ist und bleibt Trump keineswegs über alle Zweifel erhaben. Denn immerhin ist Donald Trump ein verurteilter Straftäter. Die deutsche «Wirtschaftswoche» schreibt: «Zeit seines professionellen Lebens hat der ehemalige US-Präsident alles dafür getan, um die zwei Worte ‹verurteilter Straftäter› zu vermeiden. Seit Jahrzehnten umwehte Trump der Ruch der Korruption, des Halbseidenen und der Illegalität. Seine Fähigkeit, stets unbeschadet davonzukommen, machte ihn zum Helden seiner Anhänger und liess seine Gegner verzweifeln.»
In aktuellen Umfrageresultaten liegt Kamala Harris bereits vor Donald Trump. Dies allein stimmt uns schon etwas zuversichtlich. Hoffnung herrscht.
OSWALD SIGG
JOURNALIST, EHEMALIGER BUNDESRATSSPRECHER [email protected]