Filmdreh: «Eurotrash» am Originalschauplatz
19.05.2025 FeutersoeyEin Hauch von Hollywood im Saanenland: Letzte Woche wurden Szenen für den Film «Eurotrash» nach dem gleichnamigen Roman von Christian Kracht gedreht.
SONJA WOLF
Geschäftiges Treiben letzten Mittwoch beim Restaurant Rössli in ...
Ein Hauch von Hollywood im Saanenland: Letzte Woche wurden Szenen für den Film «Eurotrash» nach dem gleichnamigen Roman von Christian Kracht gedreht.
SONJA WOLF
Geschäftiges Treiben letzten Mittwoch beim Restaurant Rössli in Feutersoey. Unzählige Lastwagen vollgepackt mit starken Lampen, Stativen, Kameraausrüstung und Monitoren stehen dort geparkt, etwa 45 Personen laufen konzentriert um das Restaurant herum. «Ruhe bitte!» – im Garten wird gerade die Szene gedreht, in der Philipp mit seiner Mutter Forelle isst. «Das Drehbuch bleibt im Prinzip recht eng an der Buchvorlage», sagt der Produzent Tobias Walker, der dem «Anzeiger von Saanen» ein paar Einblicke backstage ermöglicht.
Worum gehts in der Romanvorlage?
Der Film basiert auf dem Roman «Eurotrash» des in Saanen geborenen Autors Christian Kracht. Es ist ein autofiktionaler Roman aus dem Jahr 2021, der als Fortsetzung seines Debütromans «Faserland» (1995) dient und denselben Protagonisten, einen Schriftsteller namens Christian, 25 Jahre später erneut in den Mittelpunkt rückt. Dieser reist in einem Taxi mit seiner achtzigjährigen, alkoholkranken und kürzlich aus einer psychiatrischen Klinik entlassenen Mutter durch die Schweiz. Die Mutter hat durch Investitionen in die Rüstungsindustrie ein beträchtliches Vermögen angehäuft, das sie nun loswerden möchte. Die Reise wird zu einer Auseinandersetzung mit der Familiengeschichte, insbesondere der Rolle des Grossvaters, der ein überzeugter Nationalsozialist war, und dem schwierigen Verhältnis des Protagonisten zu seiner Mutter. Während der Fahrt durch die Schweizer Landschaft versuchen die beiden, das «schmutzige» Geld an zufällige Passanten zu verschenken, was zu absurden und entlarvenden Situationen führt.
Warum wurde in Feutersoey gedreht?
Feutersoey und insbesondere das Restaurant Rössli werden bereits namentlich in der Romanvorlage «Eurotrash» genannt. Christian Kracht kommt ja aus der Gegend, kennt sich gut aus und hat zusammen mit seiner Frau Frauke Finsterwalder das Drehbuch geschrieben. Finsterwalder führt übrigens auch gleichzeitig Regie im Film.
Ob Kracht in seiner Jugend selbst im «Rössli» Forelle gegessen hat? «Das Interessante am Roman und auch am Film ist das Autofiktionale. Es bleibt im Ermessen des Autors, wann er etwas Reales und wann etwas Fiktionales beschreibt.», sagt Walker.
Die Organisation der konkreten Locations im Saanenland verlief reibungslos. Hilfe bekam das Team laut Produktionsleiter Imboden von den Gemeinden Saanen und Gsteig, dem Tourismusbüro und der Kantonspolizei. «Hier im Saanenland war es wirklich sehr angenehm, wir haben offene Türen eingerannt. Es wäre schön, wenn es überall so wäre!», sagt Imboden.
Kommen im Film noch andere Orte aus dem Saanenland vor?
Alle Drehorte wollten Produzent Tobias Walker und Produktionsleiter Michael Imboden nicht verraten. Aber Imboden erwähnte auch die Szene in der Dämmerung am Tromweg, die ihm sehr gefallen hatte. «Im Hintergrund erstrahlt das Gstaad Palace. Andrea Scherz hat extra die Beleuchtung für uns angemacht.»
Die Basisstation während der beiden Drehtage im Saanenland war übrigens bei der Eggli Talstation. «Dort hatten wir den Kostüm- und Maskenbus und auch die Küche des Film-Caterings», informiert Imboden. Es handelt sich übrigens um ein klassisches Film-Catering aus Zürich, mit dem die Crew schon seit Langem zusammenarbeitet, und kein regionales. «Sie kennen die Abläufe am Set, die Unverträglichkeiten und Allergien der Crew und haben den Speiseplan für die gesamte Drehzeit schon im Vorfeld abwechslungsreich zusammengestellt», sagt der Produktionsleiter.
Wo dreht die Filmcrew noch?
Der Road-Trip führt die Filmcrew noch an andere Orte in der Schweiz, ganz nach dem Drehbuch und recht nahe an der Romanvorlage: An insgesamt 28 Drehtagen ging und geht es seit Anfang April und noch bis Anfang Juni nach Zürich, Genf oder nach Evolène, Binntal und Heiligkreuz im Wallis. Sogar nach Kenia wird ein Teil des Teams reisen, da die Mutter im Film unbedingt Zebras sehen will.
Da es eine Koproduktion zwischen Schweizer, österreichischen und auch deutschen Filmproduktionsfirmen einschliesslich der jeweiligen öffentlichen Fernsehsender ist, wurden einige Innenaufnahmen in einem Münchner Studio gedreht, viele Aussenaufnahmen in der Schweiz. Auch die Filmcrew und die Schauspieler kommen aus den verschiedenen deutschsprachigen Ländern.
Wie teuer ist so eine Produktion?
«Das kann ich nicht verraten», so die Antwort des Produzenten, «aber die meisten deutschsprachigen Produktionen bewegen sich im mittleren siebenstelligen Bereich.»
Gab es Statisten aus der Region?
«Der Film dreht sich hauptsächlich um die Hauptdarsteller und ist nicht statistenlastig», informiert Walker. Dennoch werden wir im Film Mirjam und Reto Wyssmüller, die gegenüber dem Gasthaus Rössli wohnen, ihre Kühe die Strasse entlang treiben sehen. «Wir sind viermal mit unseren Kühen die Strasse auf- und abgegangen. Zusammen mit den Wartezeiten waren wir schon so etwa drei Stunden beschäftigt», sagt Reto Wyssmüller. «Aber es war spannend, den Dreh aus nächster Nähe zu sehen.» In den Hauptrollen werden Alexander Fehling als Philipp und Barbara Sukowa als seine Mutter Helene zu sehen sein.
Wann kommt der Film in die Kinos?
«Das kann man noch nicht so genau vorhersagen», sagt Produzent Walker. «Letzter Drehtag ist Anfang Juni. Dann folgt etwa ein halbes Jahr Schneiden und Montage.» Englische Untertitel kommen noch dazu und bei Bedarf weitere Sprachen – je nachdem, in welche Länder der Film verkauft wird. «Auf jeden Fall kommt der Film aber nächstes Jahr in die Kinos», so der Produzent.