Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier – dann steht das Christkind vor der Tür
29.11.2024 KircheLange dauert es nicht mehr, bis wir den ersten Advent feiern. Advent, eigentlich «adventus Domini», wird die Zeit genannt, in der die Christenheit die «Ankunft des Herrn» erwartet. Es ist eine Zeit, in der sich Christinnen und Christen auf das Fest der Geburt Jesu ...
Lange dauert es nicht mehr, bis wir den ersten Advent feiern. Advent, eigentlich «adventus Domini», wird die Zeit genannt, in der die Christenheit die «Ankunft des Herrn» erwartet. Es ist eine Zeit, in der sich Christinnen und Christen auf das Fest der Geburt Jesu vorbereiten.
Seit dem vierten Jahrhundert war die Adventszeit als «stille» Zeit eine Buss- und Fastenzeit. Diese dauerte vom Martinstag, dem 11. November, bis zum 6. Januar. Ohne die Wochenenden ergab dies 40 Tage – entsprechend der 40-tägigen Fastenzeit vor Ostern. Ab dem Mittelalter galt in der «stillen» Zeit zudem, dass nicht getanzt oder aufwendig gefeiert werden durfte; auch feierliche Trauungen konnten in dieser Zeit nicht stattfinden.
Erst seit 1917 wird die Einhaltung dieser Regeln vom katholischen Kirchenrecht nicht mehr verlangt. Den Reformierten sind solche Vorgaben – wie vermutlich auch den meisten Katholiken heute – fremd. Und, seien wir ehrlich, von einer «stillen» Zeit ist in den heutigen Adventstagen oftmals nicht viel zu spüren. Im Gegenteil: Viele Menschen empfinden die Adventszeit als besonders hektisch und anspruchsvoll – vielleicht gerade, weil diese Zeit eigentlich besinnlich und friedlich sein sollte.
Die vorweihnachtliche Realität sieht oft so aus: Stress beim Suchen und Finden von Geschenken, gefolgt von der oft zermürbenden Frage nach dem «wo», nach dem «mit wem» wollen/sollen wir dieses Jahr feiern; man isst und trinkt (zu) viel, es locken immer neue Weihnachtsmärkte im In- und Ausland, und dann sind da natürlich auch die zahlreichen Weihnachtsfeiern im Freundesund Berufsumfeld, die es zu besuchen gilt. Von der ursprünglich streng reglementierten «stillen» Zeit ist nicht mehr viel zu merken. Und doch gibt es einige Gebräuche, die – um die stille Vorfreude zu gestalten – selbst in unseren hektischen Zeiten zumeist noch einen festen Platz haben. Dazu gehören z.B. Adventskranz und Adventskalender.
Als Erfinder des Adventskranzes gilt der evangelische Theologe Johann Hinrich Wichern. Er gründete in Hamburg eine Einrichtung für arme und verwahrloste Kinder, wo er erstmals 1839 einen hölzernen Leuchter mit 24 Kerzen aufhängte: 20 kleine rote für die Werktage und vier dicke weisse für die Sonntage bis Weihnachten.
Ebenfalls im evangelischen Umfeld entstanden in Norddeutschland die ersten Adventskalender – seit 1920 mit zu öffnenden Türen. Insbesondere bei Kindern beliebt, steigern sie die Vorfreude und «verkürzen» die Wartezeit bis zum Weihnachtsfest.
In diesem Jahr fällt der erste Advent auf den 1. Dezember. Es gilt bald ernst, dann läuft der Countdown: Am Sonntag sind es noch 24, am Montag 23, am Dienstag noch 22 Tage bis Heiligabend. Bald sind nur noch 20, 19, 18 Türchen am Adventskalender zu öffnen.
Sind Sie bereit für Heiligabend? Sind Sie bereit für Weihnachten? Haben Sie alle Geschenke bereits gekauft oder geplant, wann Sie diese zu kaufen gedenken? Backen Sie bereits fleissig Zimtsterne, Spitzbuben, Brunsli, Chräbeli oder Mailänderli? Haben Sie die Weihnachtsbeleuchtung vom letzten Jahr gefunden, den Schmuck für den Christbaum bereits hervorgeholt und womöglich den Baum schon geschmückt?
Weihnachten ist das Fest der Liebe, sagt man. Wie viel Vorbereitung braucht so ein Liebesfest überhaupt? Manchmal ist es ja nicht ganz einfach. In Familien, in denen die Eltern geschieden sind, braucht es grössere Vorkehrungen, um miteinander abzumachen, wer wann wie lange zu wem geht. Oft ist dies schwierig, und man wirft sich gegenseitig vor, nicht zu kooperieren. Andere haben Angst, wieder die Familie zu sehen, da sie um die Differenzen wissen, die oft gerade in Zeiten, wo alles doch «perfekt» sein sollte, an die Oberfläche kommen. Wieder andere wissen nicht, wie sie diese Tage verbringen sollen, da sie keine Menschen um sich haben.
Es ist nicht immer einfach mit Weihnachten, mit dem Fest der Liebe. Gerade auch, wenn wir wissen, dass es in vielen Familien und an vielen Orten ein solch stimmiger Tag ist. Wenn wir in die Kinderaugen schauen, die das Leuchten der Kerzen widerspiegeln. Weihnachten kann wunderschön sein und ein tiefes Gefühl der Geborgenheit wieder aufleuchten lassen. Angesichts all des Schönen werden uns gerade die schwierigen Momente in vielen Häusern bewusster.
Noch 14, 13, 12 Türchen. Und plötzlich möchte ich einen ganz anderen Adventskalender ausprobieren: Wie wäre es eigentlich, wenn man jeden Tag etwas abhängen, etwas wegnehmen würde? Heute ein paar glitzernde Girlanden, morgen die grossen, blinkenden Rentiere beim Nachbarn, übermorgen alle Bäume von Lichterketten befreien, dann alle Schaufenster ausräumen, alle Päcklein weg, bis auf einmal, 3, 2, 1 – bis am 24. Dezember alles dunkel wäre – «elend, nackt und bloss», wie es in einem bekannten Weihnachtslied heisst («Lobt Gott, ihr Christen alle gleich», RG 395). Wie wäre das?
Vielleicht kann gerade so Weihnachten werden: Im Dunkeln winkt uns das Kind in der Krippe herbei. Da werden alle Menschen Schwestern und Brüder, lernen mit ihren Herzen zu sehen. Sehen, was nicht wirklich zählt, sehen, was nun wirklich zählt. Solidarität unter den Menschen. Geteilte Wärme. Wir werden Menschen, die zum Frieden fähig werden, zum Frieden auf Erden. Den wünschen wir in der Adventszeit der ganzen Welt. Und besonders uns und unseren Lieben.
CAROLA WATTS
KIRCHGEMEINDE SAANEN-GSTEIG:
KIRCHLICHE HANDLUNGEN IM OKTOBER
Abdankungen/Beerdigungen/Urnenbeisetzungen
21.10. Hefti-Reichenbach Elsbeth «Bethli», geb. 15. Oktober 1932, gestorben am 14. Oktober 2024, verwitwet, wohnte in Gstaad
25.10. Raaflaub-Frutiger Wilfried, geb. 17. Mai 1934, gestorben am 1. Oktober 2024, verheiratet, wohnte in Saanen
29.10. Mösching Andreas Christof, geb. 28. Juni 1961, gestorben am 11. Oktober 2024, geschieden, wohnte in Saanen
Taufen
20.10. von Siebenthal Laurinya, geb. 12. Juli 2024, Tochter des Bruno und der Félicia von Siebenthal, Gsteig
20.10. Perreten Ben, geb. 11. September 2023, Sohn des Philipp und der Dominique Perreten, Feutersoey
20.10. Griessen Finja Melody, geb. 17. Dezember 2023, Tochter des Edwin und der Barbara Griessen, Schönried
27.10. Haldi Leevi Viktor, geb. 9. Mai 2024, Sohn des Walter Beer und der Sévérine Haldi, Wabern
27.10. Tschanz Nelio, geb. 8. Mai 2024, Sohn des Stephan und der Nathalie Tschanz, Saanen