«Der Klimawandel ist offensichtlich Realität!»

  12.04.2024 Gstaad

Das sechste Destinationsratsmeeting stand im Zeichen des Klimawandels. Gefragt sind Alternativangebote zum Wintertourismus, neue Positionierungen und flexiblere Verhaltensweisen. Ein Workshop sorgte für Fleisch am Knochen.

KEREM S. MAURER
Gstaad Saanenland Tourismus (GST) hat Vertreter verschiedenster Institutionen und Leistungsträger zum sechsten Destinationsratsmeeting eingeladen. Ort des Geschehens war das Bergrestaurant Wasserngrat auf 1920 Metern über Meer und dort gab es am Mittwochabend das, was im vergangenen Winter so selten war und auch in Zukunft ein rares Gut bleiben dürfte: Neuschnee. Im Zentrum des Meetings stand der Klimawandel und die Frage: Was macht eine Winterdestination, wenn es den Winter nicht mehr gibt? Durch den Anlass führte GST-Präsident Oliver Waser.

Neu als Ratsmitglieder gewählt wurden die Vereinigung der Skiclubs und der Verein Lehrpark.

«Oben hui, unten Pfui»
Mit diesen Worten leitete Christof Huber, Präsident des Hoteliervereins Gstaad-Saanenland seinen «Weckruf» unter Traktandum 5 ein und versuchte so die Bedingungen während der letzten Wintersaison auf den Punkt zu bringen. Oben hui, weil es in höheren Lagen noch Schnee gab und die Verhältnisse für Wintersportler dementsprechend gut waren – unten Pfui, weil es unterhalb der Mittelstationen mehrheitlich grün blieb und somit die Erwartungen der Gäste an Winterferien nicht immer erfüllt werden konnten. Bei allem Verständnis für die betriebswirtschaftliche Situation der Bergbahnen Destination Gstaad AG (BDG) sei eine abgestellte Bergbahn wie die Wispile ein «schlechtes Zeichen für die Region», schliesslich spiele nicht nur der wirtschaftliche Aspekt eine Rolle. Man müsse auch die volkswirtschaftliche Bedeutung einer Bergbahn berücksichtigen, so Huber. Es sei an der Zeit, Strategien für den Umgang mit dem Schneemangel zu erarbeiten, ohne den Skitourismus zu vernachlässigen. In diesem Kontext biete die Wispile «mit dem aktuell einzigen vernünftigen Winterwanderweg in der Höhe im Saanenland» ein wichtiges Angebot. Ferner brauche es diesbezüglich auch grosse Anstrengungen bei den Gemeinden und dem Tourismus. Huber wünschte massgeschneiderte, auf alle Wetterverhältnisse zugeschnittene Angebote, auf die bei Bedarf kurzfristig zurückgegriffen werden könne – inklusive rascher Kommunikation gegenüber den Gästen und Einheimischen. Christof Huber schloss mit den Worten: «Der Klimawandel ist offensichtlich Realität.»

«Nichts versprechen, was man nicht halten kann!»
Bei seinem Blick auf die allgemeine touristische Lage stellte Tourismusdirektor Flurin Riedi fest, dass die vergangene Wintersaison für die einen – Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe – gut bis sehr gut gelaufen war, und für die anderen – Bergbahnen oder teilweise auch Sportgeschäfte – schwierig bis schlecht. Riedi warf einen Blick auf den «Masterplan Winter 2035» und unterstrich ebenfalls die Bedeutung schneeunabhängiger Angebote. «Die Zunahme von wärmeren und damit schneeärmeren Wintern ist fakt», sagte er und suchte nach Antworten auf die Fragen: Was ist zu tun, um weiterhin erfolgreich zu sein und zu bleiben? Welche schneeunabhängigen Angebote sind notwendig? Welche Infrastrukturen sollen bis und nach 2035 betrieben, an welchen Standorten gestärkt oder wo aufgegeben werden? Und welche Handlungsmassnahmen sind im Bereich Marketing notwendig? In Sachen (Er-)Lebensraummanagement machte Riedi klar, dass Tourismus Lebensraum beanspruche und man dafür die Verantwortung übernehmen müsse. Die Balance zwischen Einheimischen und Gästen, respektive Tourismus und Lebensraum sei anspruchsvoll, aber machbar und ganz wichtig: «Wir dürfen im Marketing nichts versprechen, was wir nicht halten können!»

Taten, nicht nur Worte
Neben dem Klimawandel stand das aktive Tun im Zentrum des Destinationsratsmeetings. Richard Müller teilte in seiner Funktion als GST-Vizepräsident die Anwesenden in vier Gruppen auf und liess sie zu folgenden Themen Stellung nehmen: Positionierung und strategische Grundsätze; Positionierung und Entwicklungsschwerpunkte; Gästesegmente und geografische Märkte; Fokusthemen und Gewichtung. Die Gruppenleiter präsentierten im Anschluss die Resultate. «Die Anregungen sind sehr gut und spannend, wir liegen nicht grundsätzlich daneben», konstatierte Richard Müller, ein «gewisser Konsens» sei spürbar. Müller will nun diese Anregungen aufnehmen und zeitnah sortieren, bereinigen und die Destinationsstrategie – die neu in Tourismusstrategie 2025 bis 2029 umbenannt wurde – einbauen. Dann soll es eine Mitwirkung geben, bei der nicht nur der Destinationsrat und die Touristiker, sondern auch die Bevölkerung und die Zweitheimischen aufgerufen werden, mitzumachen. Anschliessend soll sie finalisiert und bis Ende 2024 von allen Beteiligten feierlich unterzeichnet werden.


 


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