Begeistern, motivieren, messen: Gastfreundschaft im Wandel
08.04.2025 TourismusGastfreundschaft im Wandel: Unter diesem Motto fand am Mittwoch, 2. April das Tourismusforum Berner Oberland im Kultur- und Kongresszentrum in Thun statt. Rund 150 geladene Gäste, vorwiegend aus Tourismus und Hotellerie, tauschten sich am Branchenanlass, der jährlich durch die ...
Gastfreundschaft im Wandel: Unter diesem Motto fand am Mittwoch, 2. April das Tourismusforum Berner Oberland im Kultur- und Kongresszentrum in Thun statt. Rund 150 geladene Gäste, vorwiegend aus Tourismus und Hotellerie, tauschten sich am Branchenanlass, der jährlich durch die Volkswirtschaft Berner Oberland, den Hotelierverein Berner Oberland und Made in Bern AG organisiert wird, aus.
Wie misst man Gastfreundlichkeit? Was wird dabei gemessen? Und wie belastund vergleichbar sind die Resultate von Gästebefragungen? Dr. Adrian Müller, wissenschaftlicher Projektleiter an der Forschungsstelle Tourismus der Universität Bern, stellte am Tourismusforum Berner Oberland in Thun das Innotour-Projekt «Monitoring und Stärkung der Interaktionsqualität im Schweizer Tourismus» vor, wie die Volkswirtschaft Berner Oberland in einer Medienmitteilung schreibt. Hinter diesem etwas sperrigen Titel versteckt sich eine grosse Herausforderung: Gastfreundlichkeit ist höchst subjektiv – wie kann sie objektiv gemessen und effektiv verbessert werden? Der Ansatz der Forschungsstelle Tourismus setzt dabei hauptsächlich auf zwischenmenschliche Interaktion, also auf die wahrgenommene Qualität der Begegnung zwischen Gast und Gastgeber. Aussagen über die Hoteleinrichtung, die Lage, das Essen oder die touristische Infrastruktur sollten nicht in diese Bewertung einfliessen. Dabei wird mit natürlicher Spracherkennung, im Fachjargon «Natural Language Processing» oder kurz NLP, gearbeitet. NLP ist ein Teilbereich der Künstlichen Intelligenz und des Machine Learnings und ermöglicht es Computern, menschliche Sprache zu verstehen und zu verarbeiten. So können auf Bewertungsportalen Inhalte, Stimmungen und Themen in Texten erkannt werden. Die Begriffe werden in einem manuell erstellten NLP-Wörterbuch unterschiedlichen Themenbereichen – etwa Willkommenskultur und Wärme oder Hilfsbereitschaft und Reaktion – zugeordnet. So wird die Interaktionsqualität messbar und es lassen sich verschiedene Metriken aus den gewonnenen Daten ableiten. Momentan werden auf diese Weise in acht Pilotdestinationen, darunter Interlaken, Google-Rezensionen ausgewertet. In einem nächsten Schritt sollen sechs weitere Regionen dazustossen, darunter Adelboden und die Jungfrauregion.
Von der Theorie zur Praxis
Von der Theorie ging es im zweiten Teil des Tourismusforums in die Praxis: Wie schafft man es an der Front, als Gastgeber, die Gastfreundschaft hochzuhalten? David Romanato, General Manager der Hauenstein Hotels, gab einen Einblick, wie die Hauenstein Hotelgruppe das wichtige Thema angeht. Für ihn ist klar, dass Gastfreundlichkeit eine Kompetenz ist, die trainiert werden kann und muss. Auch kulturelle Kompetenzen gehören in dieses Feld: Alice Leu, Leiterin Projekte an der Höheren Fachschule für Tourismus in Thun, zeigte auf, wie es gelingt, Brücken zwischen verschiedenen Kulturen zu bauen und welche Kenntnisse und Vorgehensweisen dabei zielführend sind.
Wohnbevölkerung als Zielgruppe verstehen
Nicht nur der Gast sei am Tourismusforum Berner Oberland im Fokus gestanden, schreibt die Volkswirtschaft Berner Oberland: Es werde für Tourismusdestinationen immer wichtiger, auch die ortsansässige Bevölkerung als Zielgruppe zu verstehen. In einer spannenden Podiumsdiskussion hätten sich Pascale Berclaz, Direktorin Made in Bern AG, Flurin Riedi, CEO Gstaad-Saanenland Tourismus, Alice Leu und Susanne Huber, Geschäftsführerin Volkswirtschaft Berner Oberland, zu diesem Thema ausgetauscht. «Es zeigt sich, dass ein differenzierter Umgang mit diesem Thema nötig ist und dass die Sorgen und Ängste der lokalen Bevölkerung im Hinblick auf die Tourismusentwicklung ernst zu nehmen sind. Gerade in erfolgreichen Tourismusdestinationen und an Hotspots, wie sie im Berner Oberland häufig zu finden sind, ist ein laufender Austausch zwischen Tourismus, Behörden und Bevölkerung nötig, um Herausforderungen rechtzeitig zu erkennen und praktikable Lösungen, die Tourismus und Ortsansässigen gleichermassen dienen, zu finden», so die Volkswirtschaft Berner Oberland.
PD/AMO