«Schön isches gsy»
28.10.2024 BrauchtumWysel Gyr und Sepp Trütsch haben als Entertainer im Schweizer Fernsehen Volksmusikgeschichte geschrieben. Im Saanenland ist die Volksmusik eng mit dem Namen Arnold Welten verbunden. Während 40 Jahren hat er volkstümliche Anlässe organisiert, mit tatkräftiger ...
Wysel Gyr und Sepp Trütsch haben als Entertainer im Schweizer Fernsehen Volksmusikgeschichte geschrieben. Im Saanenland ist die Volksmusik eng mit dem Namen Arnold Welten verbunden. Während 40 Jahren hat er volkstümliche Anlässe organisiert, mit tatkräftiger Unterstützung von einem kleinen Team. Ende Jahr hören sie auf – mit einem lachenden und einem weinenden Auge.
ANITA MOSER
Arnold Welten, Sie haben während 40 Jahren volkstümliche Anlässe organisiert. Spielen Sie selber auch ein Instrument?
Arnold Welten: Ich habe Schwyzerörgeli spielen gelernt bei Hans Oesch, dem Grossvater von Melanie Oesch. Er hat hier in Gstaad Unterricht gegeben. Zudem war ich während ein paar Jahren Mitglied bei der Grossformation Simmental-Saanenland, später habe ich noch in zwei kleineren Formationen mitgespielt. Mittlerweile spiele ich aber nicht mehr aktiv – aus Zeitmangel. Ich musste mich entscheiden, ob ich mit den Anlässen oder musikalisch weitermache.
Sie haben sich für die Anlässe entschieden.
Es war ein guter Weg so.
Und welche Musik hören Sie privat am liebsten?
Volksmusik, Jodelgesang und manchmal auch volkstümlichen Schlager.
Sie haben während vier Jahrzehnten volkstümliche Anlässe organisiert. Mit welcher Motivation?
Meine Motivation war, den Leuten zu zeigen, was unser schweizerisches Kulturgut – die Volksmusik – zu bieten hat und dass unsere Volkskultur einen hohen Stellenwert verdient. 1984 haben wir den Ländlerfründeverein Saanenland gegründet. Das erste Konzert fand an einem Sonntagnachmittag im Kirchgemeindehaus Gstaad statt. Dazumal traten sechs unterschiedliche Stilrichtungen aus der Volksmusikszene auf und jeweils auch ein Jodelduett.
Später hat sich der Verein aufgelöst. Wie ging es weiter?
Während den ersten 13 Jahren fungierte der Ländlerfründeverein Saanenland als Organisator, ich als Präsident. Als sich der Verein auflöste, bekam ich viele Anfragen von Ländler-Formationen, welche wieder einmal in die schöne Bergregion Gstaad-Saanenland kommen wollten, um musikalisch aufzutreten. Ich suchte nach einer Nachfolgelösung und organisierte mit einem kleinen Team unter dem Namen «Brauchtum & Volksmusik Gstaad-Saanenland» diverse Volksmusik-Events.
Wer war mit dabei?
Wir waren hauptsächlich ein Dreieroder ein Viererteam:. Traten «Oesch’s die Dritten» auf, waren es schnell einmal sechs Personen oder noch mehr. Doch meiner Frau Marianne will ich speziell Danke sagen, denn sie hat mir in all den Jahren den Rücken freigehalten.
Wie wurden die volkstümlichen Anlässe in der Öffentlichkeit aufgenommen?
Beim Publikum kamen die Veranstaltungen sehr gut an. Die Volksmusikszene hat viele Fans gewonnen. Dank der vielen Sponsoren war es möglich, über die Jahre in der Region Gstaad-Saanenland ein volkstümliches Jahresprogramm zusammenzustellen. Die Sponsoren haben uns richtig stark unterstützt. Über all die Jahre waren es immer etwa die Gleichen: Einheimische, darunter sehr viele KMU, die Kulturregion und die Raiffeisenbank Obersimmental-Saanenland. Hauptträger war und ist aber die Einwohnergemeinde Saanen. Allen Sponsoren an dieser Stelle einen herzlichen Dank.
Und wie sind Sie an die Formationen gekommen?
Interessant war es jeweils, ein Programm mit Ländler-Formationen aus dem Saanenland und auswärtigen Formationen zusammenzustellen. Wir haben im Vorfeld volkstümliche Konzerte besucht oder im Internet recherchiert, was aktuell in ist. Da sich die Musikanten im Saanenland jeweils sehr wohlfühlten, kamen nach einiger Zeit viele Anfragen direkt von Formationen. Zugleich meldeten sich immer wieder neue Formationen mit dem Wunsch, im Saanenland auftreten zu dürfen.
Auch das Schweizer Radio hat früher Sendungen live übertragen. Wie kam es dazu?
Katrin Hasler vom damaligen Schweizer Radio DRS1 kontaktierte mich im Dezember 1989, um eine volkstümliche Livesendung mit dem Titel «So tönts im Rüttikeller z Gstaad» zu produzieren und die Volksmusikveranstaltungen in der Region Gstaad vorzustellen. Dies führte dazu, dass auch in den weiteren Jahren Radio DRS1 in der Mehrzweckhalle in Schönried zwei Ländlermusiktreffen aufzeichnete. Das war die beste Werbung aller Zeiten für unsere Volksmusikevents im Saanenland.
Welche Anlässe bleiben Ihnen ebenfalls in guter Erinnerung?
Viele. Aber ein sehr spezieller Anlass war das «Winterfest der Volksmusik» im Bergrestaurant auf der Wispile mit Ländlermusik und Fondue Chinoise. Unvergessen bleibt auch der Ländlerstadl im Airport Gstaad mit dem Jodlerklub Wiesenberg «Wisibärg». Erwähnenswert ist sicher auch das «Ländlerfest Gstaad» mit dem Ländlermarkt in der Promenade, wo verschiedene Ländler-Formationen sowie Alphornbläser und Jodlergruppen in diversen Restaurants aufspielten. Dieser Anlass hat sich in all den Jahren sehr gut entwickelt und erfreute Einheimische und Gäste aller Art. Wir hatten meistens Wetterglück, das war dann das Tüpfli auf dem i.
«Oesch’s die Dritten» waren regelmässig zu Gast im Saanenland.
«Oesch’s die Dritten» sind zwölfmal im Saanenland aufgetreten, zuletzt am 21. September 2024 in Schönried. Die Formation hat viele Fans von nah und fern mitgebracht. Auch das Ländlertrio «Nidwaldner-Buebe» faszinierte mich – das ist schon eine spezielle Gruppe aus dieser Sparte. Unter die Haut geht ebenfalls der Jodelgesang vom Jodlerklub «Wisibärg».
Verlangen die Formationen Gagen?
Ja, die Gage ist ein Zeichen der Wertschätzung für die Auftritte. Das Jahresprogramm musste gut geplant werden. Das Budget wurde jeweils im Voraus für sämtliche Anlässe eines Jahres festgelegt. Deshalb sind die Sponsoren so wichtig. Ohne sie wäre ein Jahresprogramm dieser Art nicht möglich.
Wird am Ländlerfest in Gstaad jeweils ein Eintritt erhoben?
Nein, nicht mehr. Das «Ländlerfest Gstaad» wurde ein wichtiger Volksmusikevent für Einheimische und Gäste. Die Gemeinde hat die Wichtigkeit dieser Anlässe erkannt. Dank dem finanziellen Engagement der Gemeinde Saanen, der Kulturregion und allen weiteren Sponsoren konnten wir für den Anlass in Gstaad auf einen Eintritt verzichten.
Ihnen und Ihrer Frau wurden auch Lieder gewidmet.
Genau. Franz Lötscher aus dem Entlebuch hat uns im Jahr 2014 das Stück «A dr Landhus-Chilbi z Saane» gewidmet. Und Andi Brunner hat für meine Frau Marianne im Jahr 2008 innert kürzester Zeit den Schottisch «Es Reisli nach Gstaad» komponiert.
Und Ende Jahr ist nun Schluss.
Wir haben heuer ein interessantes und attraktives Programm. Und man soll ja aufhören, wenn es noch gut ist: «Schön isches gsy.» Ich habe das zugunsten der Volksmusik gerne getan. Aber einmal ist Schluss.
Sie trauern Ihrem Entscheid nicht doch etwas nach?
Nein, es ist an der Zeit, einen Schlusspunkt zu setzen. Ich musste mich zeitig entscheiden, ob ich für 2025 weiterhin Sponsoren anfrage oder ob ich einen Dankesbrief schreibe mit dem Hinweis, dass
2024 mein letztes Jahr ist.
Sie haben sich für den Dankesbrief entschieden.
Genau. Der Entscheid fiel mir im ersten Moment nicht leicht. Aber das «Ländlerfest Gstaad» zu organisieren, ist eine grosse Herausforderung.
Wie geht es ab nächstem Jahr weiter?
Ich lasse mich überraschen, sicher ist:
«Brauchtum & Volksmusik Gstaad Saanenland» wird in dieser Form nicht weitergeführt.
Bis zum definitiven Schluss gibt es noch weitere Anlässe. Wann und wo?
Ein grösserer Anlass findet am kommenden Samstag, 2. November im Kirchgemeindehaus Gstaad statt. Von der Zusammenstellung her kann das Publikum ein attraktives Programm erwarten.
Welche Formationen treten auf?
Es nehmen drei Formationen und ein Jodlerklub teil. Die weitherum bekannten «Ländlerfründe Walopsee», der Jodlerklub St. Stephan, das Schwyzerörgeli-Quartett «Schlitzohre» und die Kapelle «Echo vom Gätterli».
Der Anlass findet im Kirchgemeindehaus statt – da, wo alles begann. Weshalb?
Die Kirchgemeinde hat die Auflagen angepasst. Jetzt kann man im Kirchgemeindehaus wieder einen solchen Anlass durchführen. Dazu gehören Musik, die Möglichkeit zu tanzen und eine Festwirtschaft mit Alkoholausschank. Um Mitternacht muss Schluss sein – aber das ist für mich in Ordnung.
Der Ausklang unserer 40-jährigen Volksmusik-Reise in Gstaad-Saanenland findet am Samstag, 7. Dezember im Hotel-Restaurant Victoria statt.