Von der Dunkelheit ins Licht – unterwegs im Advent
28.11.2025 KircheIn wenigen Tagen beginnt die Adventszeit. Nachstehend finden Sie für jede Woche und für jeden Sonntag des Advents eine Erzählung, ein Wort aus der Bibel oder persönliche Erfahrungen und Einsichten. Diese Gedankensplitter mögen Sie inspirieren und durch die Wochen vor ...
In wenigen Tagen beginnt die Adventszeit. Nachstehend finden Sie für jede Woche und für jeden Sonntag des Advents eine Erzählung, ein Wort aus der Bibel oder persönliche Erfahrungen und Einsichten. Diese Gedankensplitter mögen Sie inspirieren und durch die Wochen vor Weihnachten begleiten. Ich wünsche Ihnen gesegnete Tage im Advent – und frohe Weihnachten!
BRUNO BADER
Für Sonntag, 30. November: 1. Advent
Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer.
(SACHARJA 9,9B)
Für die Woche vom 1. Dezember: zerplatzte Träume
Jakob zog aus Beerscheba weg und ging nach Haran. Er kam an einen bestimmten Ort und übernachtete dort, denn die Sonne war untergegangen. Er nahm einen von den Steinen dieses Ortes, legte ihn unter seinen Kopf und schlief ein. Da hatte er einen Traum: Eine Treppe stand auf der Erde, ihre Spitze reichte bis zum Himmel. Auf ihr stiegen Engel Gottes auf und nieder. Und siehe, der Herr stand vor ihm und sprach: Ich bin der Herr, der Gott deines Vaters Abraham und der Gott Isaaks. Das Land, auf dem du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben. Jakob erwachte aus seinem Schlaf und sagte: Wirklich, der Herr ist an diesem Ort und ich wusste es nicht. Er fürchtete sich und sagte: Wie Ehrfurcht gebietend ist doch dieser Ort! Er ist nichts anderes als das Haus Gottes und das Tor des Himmels.
(AUS GEN 28) Ein grosser Traum ist geplatzt, gut durchdachte Lebensträume sind gescheitert. Das ist schmerzhaft, das macht mutlos und hilflos. Jakob muss fliehen. Zurück kann er nicht, was kommt, ist ungewiss. Er hat Angst vor der Rache seines Bruders, den er betrogen hat. Und er hat auch deshalb Angst, weil er erstmals in seinem Leben ganz alleine ist.
Ausgerechnet in dieser Situation begegnet er Gott. Ausgerechnet jetzt, als die eigenen Träume gescheitert sind, hat er diesen wunderbaren Hoffnungstraum. Einen Traum, der seinen Horizont weitet und ihm zeigt: Der Himmel ist nicht fern. Gott kommt mir nahe – gerade da, wo ich nicht weiterweiss, gerade da, wo ich an meine Grenze stosse und mein Leben nicht mehr im Griff habe.
«Das Land, auf dem du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben.» Das ist das Versprechen Gottes an Jakob in jener Nacht. Es bedeutet: «Das Leben ist nicht vorbei. Du bleibst nicht in der Sackgasse stecken. Ich habe eine Zukunft für dich.» Für Jakob ist diese Erfahrung ein Stück Himmel. Er geht nun ermutigt und gestärkt seinen Weg.
Unsere Träume können zerplatzen. Der Advent erinnert uns daran, dass Gott auch dann nicht fern von uns ist, sondern uns neue Horizonte eröffnen kann. Er kommt als kleines Kind in einem armen Stall zur Welt und sagt damit: «Ich habe eine Zukunft – auch für dich in dieser Welt.»
BIRGIT VOGT
Für Sonntag, 7. Dezember: 2. Advent
Der Herr richtet auf, die niedergeschlagen sind.
(PSALM 146,8)
Für die Woche vom 8. Dezember: ein verheilter Oberschenkelknochen
Es ist schon einige Jahrzehnte her, da wurde die amerikanische Anthropologin Margaret Mead von einem Studenten gefragt, welcher Gegenstand ihrer Meinung nach als erstes Anzeichen unserer Zivilisation gewertet werden kann. Der Student erwartete, dass sie über einen Tontopf oder eine Speerspitze oder eine andere technische Errungenschaft sprechen würde, doch Mead antwortete nach kurzem Überlegen: «ein verheilter Knochen.» Wenn ein Tier sich in der Natur etwas breche, so ihre Argumentation, dann seien seine Überlebenschancen gleich null. Es dauere mehrere Wochen, bis so eine Fraktur wieder zusammenwachse, in dieser Zeit könne es sich weder zu einer Wasserquelle bewegen noch jagen, es würde also verhungern, verdursten oder anderen Tieren zum Opfer fallen. Knochenfunde, die beweisen, dass ein Mensch viele Jahrtausende vor Christus mit seinem gebrochenen Oberschenkelknochen überlebt hatte, sprechen dafür, dass jemand da gewesen war, um sich dieser Person anzunehmen. Jemand, der ihr zu essen und zu trinken brachte, der bei ihr blieb und ihr somit die Möglichkeit gab, in Ruhe gesund zu werden. Das erste Anzeichen unserer Zivilisation seien demnach keine Waffen oder sonstige Erfindungen, sondern unsere Fähigkeit, uns nicht mehr nur um uns selbst, sondern auch um andere zu sorgen.
ANNABELLE HIRSCH
Für Sonntag, 14. Dezember: 3. Advent
Bereitet dem Herrn den Weg; denn siehe, der Herr kommt gewaltig.
(JESAJA 40,3.10)
Für die Woche vom 15. Dezember: aus dem Gefängnis
Liebe Eltern!
Es bleibt mir wohl nichts übrig, als euch für alle Fälle schon einen Weihnachtsbrief zu schreiben. Ich brauche euch nicht zu sagen, wie gross meine Sehnsucht nach Freiheit und nach euch allen ist. Aber ihr habt uns durch Jahrzehnte hindurch so unvergleichlich schöne Weihnachten bereitet, dass die dankbare Erinnerung daran stark genug ist, um auch ein dunkleres Weihnachten zu überstrahlen. In solchen Zeiten erweist es sich eigentlich erst, was es bedeutet, eine Vergangenheit und ein inneres Erbe zu besitzen, das vom Wandel der Zeiten und Zufällen unabhängig ist. Das Bewusstsein, von einer geistigen Überlieferung, die durch die Jahrhunderte reicht, getragen zu sein, gibt einem, allen vorübergehenden Bedrängnissen gegenüber, das sichere Gefühl der Geborgenheit.
Vom Christlichen her gesehen kann ein Weihnachten in der Gefängniszelle ja kein besonderes Problem sein. Wahrscheinlich wird in diesem Hause hier von vielen ein sinnvolleres und echteres Weihnachten gefeiert als dort, wo man nur noch den Namen dieses Festes hat. Dass Elend, Leid, Armut, Einsamkeit, Hilflosigkeit und Schuld vor den Augen Gottes etwas ganz anderes bedeuten als im Urteil der Menschen, dass Gott sich gerade dorthin wendet, wo die Menschen sich abzuwenden pflegen, dass Christus im Stall geboren wurde, weil er sonst keinen Raum in der Herberge fand – das begreift ein Gefangener besser als ein anderer, und das ist für ihn eine wirklich frohe Botschaft.
17. DEZEMBER 1943, DIETRICH BONHOEFFER
Für Sonntag, 21. Dezember: 4. Advent
Freut euch im Herrn allezeit! Nochmals will ich es sagen: Freut euch! Der Herr ist nahe.
(PHILIPPER 4,4.5B)
Für die Woche vom 22. Dezember: «Sag jemandem, dass ich hier bin.»
Fernando Silva ist der Leiter eines Kinderkrankenhauses in Managua.
Am Heiligen Abend war er noch bis spät an der Arbeit geblieben. Schon knallten die Raketen, und die Feuerwerkskörper beleuchteten den Himmel, als Fernando beschloss, nach Hause zu gehen. Dort erwarteten ihn seine Angehörigen zum Fest.
Er machte nochmals einen Rundgang durch alle Krankensäle, um zu sehen, ob alles in Ordnung sei, da spürte er auf einmal Schritte hinter sich, zarte Wattefüsschen, die ihm folgten. Er drehte sich um und sah, dass ein krankes Kind hinter ihm herging. Er erkannte es im Halbdunkel. Es hatte keine Angehörigen. Fernando schaute ihm ins Gesicht, das schon vom Tod gezeichnet war, und sah Augen, die um Entschuldigung baten oder vielleicht nur um Erlaubnis.
Fernando ging zu ihm hin, und das Kind berührte ihn an der Hand; es flüsterte: «Sag dem, sag jemandem, dass ich hier bin.»
EDUARDO GALEANO
Für Mittwoch, 24. Dezember: Heiligabend
Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch grosse Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.
(LUKAS 2,10B.11)


