Im Bann der Löwin
SONJA WOLF
Und plötzlich trat eine Löwin aus dem Gebüsch auf den Weg. Sogar der afrikanische Fahrer erschrak und hielt seinen Jeep brüsk an. Die anderen Teilnehmenden der Safari verstummten – genau wie ich – und ...
Im Bann der Löwin
SONJA WOLF
Und plötzlich trat eine Löwin aus dem Gebüsch auf den Weg. Sogar der afrikanische Fahrer erschrak und hielt seinen Jeep brüsk an. Die anderen Teilnehmenden der Safari verstummten – genau wie ich – und alle starrten wir auf die Löwin. Stolzen Hauptes kam sie auf den Jeep zu und schritt majestätisch direkt an dessen rechter Seite vorbei – dort, wo ich sass. Ich hätte die Hand ausstrecken können aus dem komplett offenen Fahrzeug und sie berühren können... Ein Schauer lief mir den Rücken herunter. Ist das jetzt gefährlich? – Nein, nein, ich hatte doch gelesen, dass die wilden Tiere die Jeeps auf Safaris als ein einziges grosses, harmloses Wesen ansehen und nicht die einzelnen Insassen als potenzielles Mittagessen. Und trotzdem – ich hielt den Atem an angesichts der 30 cm, die mich von der Löwin trennten.
Es sollte nicht die letzte Begegnung mit ihr gewesen sein. Wir fuhren weiter durch den beeindruckenden Mikumi-Nationalpark in Tansania und hielten kurz vor einer Herde Antilopen an, die friedlich grasten. Noch! Denn plötzlich versteinerten die Tiere mitten in ihrer Bewegung und alle starrten in die gleiche Richtung. Unsere Löwin war wieder im Anmarsch! Die Antilopen mussten sich in Sachen Mittagessen freilich schon mehr Sorgen machen... Die Löwin schien allerdings satt und zufrieden und würdigte die Herde keines Blickes. Und dennoch: Kaum war sie bei unserem Jeep angekommen – und damit recht nahe an der Herde –, kippte die gespannte Stille in ein plötzliches, tumultartiges Getrappel. In Spitzengeschwindigkeit flohen die Antilopen. Puh – fast war ich erleichtert! Zwar wäre es aus wissenschaftlicher Sicht spannend gewesen, eine Pirsch und das Reissen eines Opfers direkt vor Augen zu erleben – emotional aber hätte es mir das Herz gebrochen. So schöne Tiere, diese afrikanischen Impala-Antilopen!
Überhaupt war ich auf dieser Safari sehr emotional unterwegs. Oft musste ich mir die Tränen unterdrücken angesichts dieses überwältigenden Naturspektakels. All die Zebras, Giraffen, Elefanten, Gnus, Nilpferde von so nahe in ihrer natürlichen Umgebung beobachten zu können, das hat schon etwas mit mir gemacht. Afrika, ich komme wieder – «hakuna matata»!
[email protected]