Zweites Leben für die Castellan-Kapelle
01.04.2025 KircheDirekt nach Ostern beginnen die Bauarbeiten an der Sankt-Josef-Kirche in Gstaad. Während der Bauarbeiten wird die Kirche weiterhin zugänglich sein, jedoch wird den Gläubigen ein ruhiger Ausweichort auf dem Chübeli zur Verfügung gestellt: Die Kapelle vom ...
Direkt nach Ostern beginnen die Bauarbeiten an der Sankt-Josef-Kirche in Gstaad. Während der Bauarbeiten wird die Kirche weiterhin zugänglich sein, jedoch wird den Gläubigen ein ruhiger Ausweichort auf dem Chübeli zur Verfügung gestellt: Die Kapelle vom Freilichttheater Castellan bekommt ein zweites Leben eingehaucht und soll hauptsächlich zum Beichten genutzt werden.
SONJA WOLF
Bald ist es so weit: Laut Felix Neff, dem Präsidenten der katholischen Kirchgemeinde, werden die Bauarbeiten an der Sankt-Josef-Kirche in Gstaad direkt nach Ostern beginnen. «Der genaue Bauplan ist nun ausgearbeitet, am Osterdienstag, 22. April fahren die ersten Baumaschinen auf», sagt Neff im Interview mit dieser Zeitung.
Eingeschränkter Betrieb der Sankt-Josef-Kirche
«Die Bauarbeiten werden etwa zwei Jahre in Anspruch nehmen», erklärt der Kirchgemeindepräsident. Die Kirche und das Foyer werden zwar immer zugänglich sein und in Betrieb bleiben, aber: «Natürlich ist diese Bauphase mit einigen Einschränkungen und auch mit einer gewissen Lärmbelästigung verbunden. Wir hoffen auf das Verständnis unserer Kirchgemeinde», so Neff (siehe Kasten).
Ein ruhiger Rückzugsort
Umso mehr freut sich der Kirchgemeindepräsident, während der zweijährigen Bauphase einen zusätzlichen Ort anbieten zu können: die Kapelle aus dem Freilichttheater «Der Chrüzwäg vom Castellan» im Chübeli, welcher ein zweites Leben eingehaucht werden soll. «Die Idee entstand bereits im letzten Sommer, als ich mir das Theaterstück in dieser wunderschönen Kulisse anschaute», berichtet Neff. Ein Treffen mit dem OK-Präsidenten Armin Oehrli und dem Vizepräsidenten André Oehrli nach Abschluss der Aufführungen im September folgte, um die Möglichkeiten der kleinen Kapelle auszuloten. Nach einer Einigung beider Seiten – des Kirchgemeinderates und des OKs Castellan – stehe einer Nutzung nun nichts mehr im Weg.
Wetterfest und robust
«Die Kapelle ist aus Holz-Dreischichtplatten, also wetterfest und auch robust genug, um als vorübergehendes Gotteshaus zu dienen», bestätigt Peter Sollberger, der Bauverantwortliche des Freilichttheaters Castellan, auf Anfrage. Und so hat er am vergangenen Samstag die 2½×4m grosse Kapelle mit der Hilfe dreier OK-Mitglieder wieder an ihrem angestammten Platz aufgestellt. Dieser Standort sei der Praktischste gewesen, da die einzelnen Teile der Kapelle bereits ganz in der Nähe – auf der Liegenschaft in der Scheune von Bruno Oehrli – zwischengelagert waren, so Sollberger.
Ein Ort zum Beichten
«Sicher ist die Kapelle sehr klein, also für ganze Gottesdienste ungeeignet», präzisiert Kirchgemeindepräsident Felix Neff, «aber es ist ein ruhiger Rückzugsort und daher sehr gut geeignet für ein stilles Gebet oder eine Beichte». Für die Beichte soll die Kapelle auch hauptsächlich verwendet werden. «Die Ruhe ist das Hauptargument», sagt Neff. Der oder die Gläubige könne auf dem Parkplatz des Produktionsgebäudes der Molkerei parken und dann auf dem weitläufigen ruhigen Gelände im Chübeli zur Ruhe kommen. «Rollstuhlgängig ist der Zugang zwar leider nicht», so Neff, dafür könne die Kapelle zwölf Stunden täglich, sieben Tage die Woche jeweils einen bis zwei Besucher empfangen.
Dem Personalmangel zum Trotz
Doch wie soll ein Beichtbetrieb in der Kapelle im Chübeli funktionieren? Die katholische Kirche hat seit geraumer Zeit mit Personalmangel zu kämpfen. Dazu Felix Neff: «Heidi Reichenbach, die bei uns 20 Jahre lang den Dienst als Sigristin ausübte und auch gleich in der Nähe der Kapelle wohnt, hat sich bereit erklärt, noch einmal für die zwei Jahre auszuhelfen und für den reibungslosen Unterhalt zu sorgen.» Das heisst, sie wird täglich auf- und zuschliessen, Opferstöcke leeren und für die Sauberkeit sorgen. Doch wer nimmt die Beichte ab? «Dies übernimmt aufgrund des Personalmangels die moderne Technik», so Neff. Ein «Beicht-omat» steht in der Kapelle zur Verfügung, der dank künstlicher Intelligenz ein natürliches Gespräch mit der beichtenden Person führt und ihr die Absolution erteilt (siehe Interview mit Felix Neff).
Ab heute, Dienstag, 14 Uhr, ist die Kapelle geöffnet. Interessierte können zwischen 14 und 15 Uhr eine Einführung ins digitale Beichten erhalten.
Normale Öffnungszeiten nach dem 1. April: täglich von 8 bis 20 Uhr.
DREI FRAGEN AN FELIX NEFF, PRÄSIDENT DER KIRCHGEMEINDE UND DES KIRCHGEMEINDERATS
Kann die KI eine Pfarrperson ersetzen?
Der neue Beicht-o-mat in der Kapelle im Chübeli wirft Fragen auf: Kann die Künstliche Intelligenz (KI) eine Pfarrperson ersetzen und wie sieht es mit dem Datenschutz aus? Wir fragten Kirchgemeindepräsident Felix Neff.
INTERVIEW: SONJA WOLF
Felix Neff, in der Kapelle steht seit heute ein Beicht-o-mat. Das heisst, dass anstelle einer echten Person eine künstliche Intelligenz (KI) die Beichte abnimmt. Ist das nicht sehr unpersönlich?
Sicher wird es zu Beginn ein wenig gewöhnungsbedürftig sein. Doch der Beicht-o-mat spricht in ganz natürlichem warmen Sprechton mit den Gläubigen und benutzt die gewohnten Kirchenterminologien. Nicht wenige Menschen nutzen bereits die Dialogfunktion der verschiedenen KI-Bots und haben sich ans Sprechen mit der künstlichen Intelligenz gewöhnt. Angesichts des Personalmangels in vielen Kirchen scheint mir das eine Lösung, der man eine Chance geben sollte.
Einer KI zu beichten, ist äusserst delikat. Wie stellen Sie sicher, dass die sensiblen Daten der Beichtenden nicht in einer Cloud landen?
Dafür haben wir gesorgt. Es ist alles datenschutztechnisch einwandfrei abgesichert. Wir haben auf einem kircheneigenen Laptop mithilfe eines externen Berner Computerexperten ein spezielles Sünden-Scan-Programm installieren lassen. Die beichtende Person drückt lediglich auf eine Tastenkombination am Laptop und geht dann mit dem digitalen Pfarrer ihre Sünden durch. Dieser erteilt schliesslich die Absolution – mit Empfehlungen auf Gebete usw. Alles läuft offline auf der lokalen Festplatte ab und wird direkt nach der Beichte automatisch wieder gelöscht.
Brauchte es für diese Applikation eine Genehmigung?
Nein. Aber selbstverständlich haben wir im Vorfeld bei der Schweizer Bischofskonferenz (SBK) nachgefragt. Die entscheidet im Normalfall über theologische und liturgische Fragen.
Da die Beichte ein Sakrament ist, müsste die SBK eigentlich prüfen, ob der Beicht-o-mat mit den kirchlichen Regeln vereinbar ist. Da es sich allerdings um einen lokalen Versuch handelt, haben wir sofort grünes Licht erhalten. Falls die digitale Beichte bei der Bevölkerung gut ankommt und allenfalls auch in anderen strukturschwachen Bergregionen zum Einsatz kommen soll, müsste dieses Vorgehen allerdings genauer überprüft werden.
WAS IST FÜR DIE SANKT-JOSEF-KIRCHE IN GSTAAD VORGESEHEN?
Die Katholische Kirche Gstaad sieht vor, das Pfarrhaus zu ersetzen, den Pfarreisaal zu vergrössern sowie ein neues Sekretariat und nötige Nebenräume zu schaffen, da die bisherigen Räume den modernen Anforderungen nicht mehr entsprechen. Die Bauarbeiten werden etwa zwei Jahre in Anspruch nehmen. Die Kirche und das Foyer werden durchgehend in Betrieb bleiben. Für die Pfarrwohnung und das Sekretariat werden vorübergehend andere Räumlichkeiten gemietet. Ebenso muss für die Toiletten eine vorübergehende Lösung gesucht werden. Die Parkplätze werden während der Bauzeit nicht zur Verfügung stehen, die Kirche wird aber immer für Autos (zum Ein- und Ausladen) zugänglich sein.
Nun, haben Sie es bemerkt? Da haben wir Ihnen einen frei erfundenen Aprilscherz untergejubelt!
Die Kapelle vom Castellan ist zwar wunderschön, wurde aber nicht erneut aufgestellt. Auch wird die Katholische Kirche von Gstaad die Beichte nicht auslagern und schon gar nicht der KI anvertrauen. April, April! ;)
SWO